Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN der Schollbergstrasse in den Jahren 1490 bis 1492 gab es zahlreiche Klagen über den schlechten Zu- stand dieser Verkehrsverbindung. Besonders die Kaufleute aus Rheineck hatten immer wieder die- sen Unmut geäussert, verbunden mit der Drohung, mit ihren Warentransporten auf die andere Talseite auszuweichen.351 Mit dem Ausbau der Schollberg- strasse wurde versucht, dem entgegen zu wirken, jedoch offenbar nur mit mässigem Erfolg. Zwar profitierte die Schollbergstrasse im 16. Jahrhun- dert zeitweilig von der politischen Grosswetterlage: Während des Schmalkaldischen Krieges in den Jahren 1546 und 1547 wechselten die Handels- und Fuhrleute auf die sicherere linksrheinische Strasse, um nach Kriegsende wieder auf die ande- re, wohl insgesamt wirtschaftlich bedeutendere, rechtsrheinische Strasse zu wechseln.352 Trotzdem blieb die linksrheinische Strasse insgesamt be- trachtet im Nachteil, da der Schollberg als topo- graphisches Hindernis Benützung und Unterhalt dieser Wegverbindung zu einer kostspieligen Ange- legenheit machte.353 Wohl als eine indirekte Reaktion auf den Ausbau der Schollbergstrasse zu sehen ist die älteste schriftliche Rodordnung für das Gebiet des heuti- gen Fürstentums Liechtenstein, welche aus dem Jahre 1499 datiert.354 Sie umfasste den Streckenab- schnitt von Feldkirch bis Maienfeld und wurde vom Feldkircher Stadtammann Heinrich Putscher erlas- sen. Die wichtigsten Punkte dieser spätmittelalter- lichen Rodordnung, die speziell die Fuhrleute der Flerrschaften Feldkirch und Schellenberg betraf, können folgendermassen zusammengefasst wer- den: Der Zoller in Feldkirch, der zugleich die Funk- tion eines Hausmeisters ausübte, bot die Fuhrleute auf. Die Reihenfolge der Rodfuhren musste jeweils am Sonntag vor Neujahr für die kommenden 365 Tage festgesetzt werden. Auch betreffend Waren- sorte wurde eine Reihenfolge eingehalten: Zuerst wurden die Kaufmannsgüter, dann das Korn trans- portiert. Jeder Wagen, der für das Rodfuhrwesen eingesetzt wurde, musste mit einer Blache verse- hen sein, die mit sieben Eisennägeln an der Karos- serie befestigt war. Jeder Rodfuhrmann bürgte für die ihm anvertrauten Waren. Die Fuhrleute muss-ten 
ferner folgende Gebote und Verpflichtungen einhalten: Sie durften für die Rod bestimmte Güter nicht eigenmächtig aufladen. Ebenso war für sie verboten, Waren ausserhalb der Rod zu führen. Die Rodgüter durften keinem anderen Fuhrmann auf- gegeben werden, der nicht ebenfalls rodberechtigt war. Der vorgesehene Streckenabschnitt musste zu Ende gefahren werden. Fuhrleute der Herrschaft Schellenberg, die mit ihren Rodgütern früher als ihre Kollegen aus Altenstadt in Maienfeld anka- men, durften daraus keinen persönlichen Vorteil ziehen. Sie mussten entweder warten, bis die Altenstädter Fuhrleute ebenfalls in Maienfeld ein- trafen, oder sie durften für die Rückfahrt nur das ihnen zustehende Warenquantum laden. Ein Nachtrag zu dieser Ordnung aus dem Jahre 1556 erhöhte den Fuhrlohn von 18 auf 20 Pfennig pro Zentner. Dies muss als blosse Anpassung an die Teuerung angesehen werden. Im 16. Jahrhun- dert nämlich wurde Europa von einer anhaltenden 339) Zur Ortschaft Blatten vgl. auch: Rigendinger, ebenda, S. 39 links unten. 340) «Pacta pro itinere Constancie et Coire» im Archiv der Camera di Comercio, Mailand. Erwähnt bei Bilgeri. Stadt. Feldkirch, S. 164 u. 341 sowie bei: Poeschel, Liechtenstein, S. 4. 341) Ebenda. 342) Bilgeri, Stadt Feldkirch. S. 163. 343) Ebenda. 344) Ebenda. 345) Ebenda. S. 236 f. 346) Ebenda. 347) Vgl. hierzu: Ackermann, Schollbergstrasse, S. 57. 348) Eitel, Verkehr im Bodenseeraum, S. 64. 349) Ebenda. 350) Ebenda. 351) Ackermann, Schollbergstrasse, S. 57. 352) Ebenda. Aktiv um eine Erhöhung des Durchgangsverkehrs auf der rechtsrheinischen Seite bemühte sich auch die Stadt Maienfeld, was wiederum die linksrheinische Bevölkerung erboste. 35.3) Reich. Landstrassen von Werdenberg, S. 69. 354) Vgl. hierzu die Ausführungen bei: Schatzmann, Rodordnung 1499. 65
	        

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