Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

ENTWICKLUNG DER VERKEHRSWEGE ALTE TRANSITROUTEN DER RÖMERZEIT UND DES MITTELALTERS Das Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein - im Speziellen die Rheintalebene - ist ein altes Durchzugsland. Es liegt geographisch günstig am nördlichen Zugang zu den bündnerischen Alpen- pässen. Archäologische Funde belegen, dass diese Alpenübergänge bereits in prähistorischer Zeit benützt wurden.28 Der um die Wende unserer Zeit- rechnung schreibende griechische Geograph Stra- bo29 berichtet, dass Kaiser Augustus «die Gebirgs- pässe, die früher spärlich und schlecht passierbar waren», durch «die Instandstellung der Strassen» einem grösseren Verkehr erschlossen habe.30 Eine unter Kaiser Augustus ausgebaute Nord- Süd-Verbindung führte von Bregenz aus durch das heutige Liechtenstein und weiter nach Chur, über den Splügenpass und über Chiavenna bis nach Como und nach Mailand. Daneben existierten die ebenfalls bedeutsamen Alpenübergänge des Septi- mer- und des Julierpasses. Die sogenannte «Peu- tingersche Tafel»,31 eine römische Strassenkarte aus dem 4. Jahrhundert nach Christus, vermerkt als Stationen zwischen Bregenz und Chur die Orte «Clunia» (Altenstadt bei Feldkirch) und «Magia» (Balzers oder Maienfeld).32 Dieselbe Strassenkarte des 4. Jahrhunderts zeigt noch eine zweite Tran- sitroute auf, die Arbor Felix (Arbon) mit Chur ver- band. Diese Strasse konnte aber talaufwärts nicht direkt bis nach Chur geführt haben, bildete doch der Schollberg bei Trübbach ein geographisches Hindernis. Auch noch im Mittelalter war die Pas- sage am Schollberg nur mit Leitern zu überwin- den.33 Deshalb mündete die von Arbon am Boden- see ausgehende linksrheinische Strasse vielleicht mittels einer Fähre bei Schaan in die von Bregenz heraufkommende rechtsrheinische Strasse.34 Der Verlauf der Römerstrasse im heutigen Liech- tenstein kann nicht lückenlos rekonstruiert wer- den. Verschiedene Funde, zum Beispiel imTriesner Oberdorf, deuten darauf hin, dass die Römerstras-se 
im Vergleich zur heutigen Landstrasse eher näher am Berghang lag.35 Diese These wird durch die Existenz von mehreren, an dieser Strecke gele- genen römischen Gutshöfen untermauert. Grössere Höfe dieser Art, villae rusticae genannt, standen beispielsweise in Nendeln und in Schaanwald.36 Bei Schaan hingegen verlief die Römerstrasse ähnlich wie die heutige Landstrasse. Zeuge dafür ist das spätrömische Kastell, das im Bereich der heutigen St. Peterskirche unter Kaiser Valentinian I. (364- 375) errichtet wurde.37 Unklar bleibt, wie und wo genau die rechtsrheinische Römerstrasse den Fluss III überquerte. Eine Brücke über diesen Fluss wird jedenfalls erst im rätischen Urbar des 9. Jahrhun- derts genannt.38 Im Zusammenhang mit der römischen Bautä- tigkeit ist bemerkenswert, dass auf der linksrhei- nischen Seite keine solchen Zeugnisse wie Guts- höfe und Kastelle überliefert sind.39 Generell gibt es nur wenige archäologische Zeugnisse zur römi- schen Besiedlung des linksrheinischen Gebietes. Gesicherte römische Strassentrassees fehlen auf der linksrheinischen Seite sogar gänzlich. Es wäre jedoch verfrüht, daraus zu schliessen, dass die rechtsrheinische Strasse von Bregenz nach Chur die grössere Bedeutung als die linksrheinische, von Arbon ausgehende Verkehrsverbindung hatte. Das fast völlige Fehlen von gesicherten römischen Zeugnissen auf der linksrheinischen, heute zur Schweiz gehörenden, Talseite ist eher auf noch zu wenig erfolgte archäologische Ausgrabungen und Forschungen zurückzuführen.40 Im heutigen Tisis (bei Feldkirch) wies die Römerstrasse von Bregenz nach Chur eine Abzwei- gung auf: In östlicher Richtung führte ein Weg über die Letze in den Walgau. Im Walgau selbst gab es - wie im Rheintal - ebenfalls zwei Römerstrassen, die teils parallel liefen.41 Die eine, von Tisis her- kommende Route führte über Fellengatter und Fra- stanz weiter nach Nenzing und in Richtung Arl- bergpass. Die andere Linie verband die Ortschaften Rankweil und Bludenz: Sie führte via Schwarzer See, Satteins und Gaisbühel der nördlichen Talseite entlang. Bei Frastanz lag ein Verkehrsknotenpunkt; von dort führte eine Abzweigung (über die III) nach 18
	        

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