Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN OBERAMTLICHER BERICHT ZU EINER TRUPPEN- EINQUARTIERUNG, 1794819 «... Am 23 ten diss [Monats] rückte ein [ein] Militär-Co- mando von deutsch Banat, welches aus einem Lieutenant und 35 Gemeinen bestehet. Diese besetzten alle Pässe; der Lieutenant befindet sich mit 7 Mann Infanteristen da- hier [in Vaduz], in Schaan sind 6 zu Fuss und 3 zu Pferd, zu Triesen 4, zu Balzers 5, zu Ruckell 5 und zu Bendern 6 Mann zu Fuss. Es ist kaum zu sagen, was für ein Murren hierüber unter dem Volk entstanden ist; Sie sahen diese Leute für österr. Soldaten an, die man hier zu unterhalten nicht schuldig sey; Einige wollten sie gerade hin zum Land hinausjagen, und wir mussten alles anwenden, um Excesse zu verhieten. Wir suchten zu dem Ende die Vor- gesetzten zu belehren, dass diese Leute nicht von Österr. sonder vom Reichsgeneral-Comando geschickt seyen; ... Wir stellten ihnen das Unglück vor[,] in welches sie ein- lauffen würden, wenn sie sich an diesen Leuten vergrei- fen sollten; denn es würde keine andere Folge haben, als dass sie eine weit grössere Anzahl bekämen, und härter behandelt würden. Wir liessen auch ein Dekret vor allen Kirchen publiziren, und die Leute öffentl. warnen. Hie- durch haben wir zwar biesher Ordnung erhalten, ob es aber Bestand haben wird, hieran ist sehr zu zweifeln; denn die Bürde ist für ein ohnehin theils durch eigene Unthätigkeit unvermögendes und durch die dermalige schwere Abgaben gedrücktes Volk sehr hart; alles ist im höchsten Preis, jeder Mann körnt die Landschaft täglich wenigst auf 24 kr. zu stehen; die Soldaten sind den Leuten beschwehrlfich], sie verlangen mehr als man ihnen schul- dig ist, sie ziehen den Weibsbildern nach, und machen sich durch dieses und anderes verhasst. Der Lieutenant ist ein junger Mensch, der nichts Mode- ration weisst; Er hat eine Instruktion, die weit schärfer ist als die Kreisrezesse,820 und diese übertreibt er noch; Z. B. in seiner Instruktion hat er unter den verbottenen Arti- keln Schwefel und Eisen. Nun kam der Krämer von Schaan und der Nagelschmied dahier und verlangten in der Kanzley Pässe, um mit ihren Waaren des andern Tags den Markt zu Werdenberg besuchen zu können. Die Pässe wurden ihnen gefertiget, dem ersten für Rauch- und Schnupftabak dann etwas Schwefel; dem andern aber für Schuh- und Rossnägel; damit sie aber keine Gefahr laufen in Vertriesslichkeiten verwikelt zu werden, so wurden sie angewiesen ihre Pässe von dem Lieutenant unterschrei- ben zu lassen, dieser werde ihnen schon sagen, wenn er ein Bedenken dabey finden sollte. Sie thaten es; allein der Lieutenant zerriss ihnen die Pässe, liess diese Leute mit- ten in der Nacht überfallen, und dem einten Schwefel dem andern aber alle seine Nägel hinweg nehmen. In allem wäre der H. Lieutenant nicht zu verdenken, wenn er seiner Instruktion auf eine vernünftige Art nach-gekommen 
wäre. Allein ein Handvoll Schwefel, wie der Krämer solchen für die Weiber zum Waschen und Schwe- felholzel zu machen in einem Schachterl zu Markt brin- get, wo der ganze Betrag auf 6 oder 8 Lot körnt, kann ebenso wenig unter der Munition, als die Schuh und Ross- nägel unter der Armatur begriffen seyn; und wen diese Artikel auch wirklich darunter begriffen wären, so ist ja noch kein Gebrauch gemacht worden, und der H. Lieute- nant hätte allem vorgebogen; wenn er gesagt hätte, er könte diese Artikel nicht passieren lassen, dann wären beede zu Hause geblieben, oder sie hätten sich niemal beygehen lassen, wider das Verbott zu handeln. Über dieses Benehmen nun beschwehren wir uns bey dem Kordons-Comando zu Stockach, und hoffen, dass künftig derley Auftritten [künftig] dörfte vorgebogen wer- den; durch solche Handlungen machen sich die Soldaten immer mehr verhasst; Ihre Anzahl solle noch mit 15 Man Deutschen vermehret werden; damit sie auch mit den Leuten reden können, hiedurch wird die Bürde imer lästi- ger, das Land Volk abgeneigter, und wir sorgen um so mehrer es dörfte in der Folge noch zu Excessen kommen, als es auch an Aufstiftern nicht fehlet; denn es heisset, die benachbarten Schweitzer sollen den hiesigen Leuten schon zugeredt haben, sie sollen diese Hand Voll Soldaten zum Lande hinaus jagen, wenn sie sich nicht allein ge- trauen, so dörfen sie ihnen nur ein Wink geben, so wollen sie auch kommen und bald damit fertig seyn ...» 816) Vermutlich auf Rofaberg in Eschen. 817) Der «Aschber» war Johann(es) Batliner aus Aspa: zu Johann(es) Batliner vgl. auch S. 89 sowie Anmerkung 469. 818) Zur Rod aufbieten. 819) LLA RA 21/347: OA an HKW, 26. Dezember 1794. 820) Hinweis auf Beschlüsse des Schwäbischen Kreises. 165
	        

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