Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

Ospelt schreibt, dass der Feldkircher Hausmeister schliesslich dem obrigkeitlichen Druck nachgeben musste.728 In den mir vorliegenden Akten des Ober- amts fand ich indes keinen Hinweis, der diese Aussage bestätigen könnte. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine Auszahlung der schuldigen Gelder an die liechtensteinischen Fuhrleute sowieso keine stabi- lisierende Wirkung mehr auf den Bestand der Rod- ordnung gehabt, da der Zerfall des Rodwesens schon zu weit fortgeschritten war. Die österreichi- schen Fuhrleute hatten seit längerem die vorge- schriebene limitierte Zahl von sechs Stracksfuhren nicht mehr eingehalten und ein Grossteil der Waren wurde ausserhalb der Rod transportiert.729 Die Liechtensteiner Fuhrleute waren infolge der Kriegsereignisse ab 1796 immer mehr gezwungen, statt im Handelsverkehr im Militärfuhrwesen tätig zu sein. So mussten die Kaufleute ihre Warentrans- porte wieder weitgehend selbst organisieren.730 Die äusserst unpopuläre Handelssperre für Vieh und Naturalien blieb ebenfalls 1796 noch in Kraft.731 Während einerseits beim Schmuggeln ertappte Untertanen streng bestraft wurden,732 musste sich andererseits Landvogt Menzinger den Vorwurf gefallen lassen, dass er wiederholt in Schmuggelaffären verwickelte Angehörige des Be- amtenstandes gedeckt und geschützt hatte.733 In Vorarlberg wie auch in Liechtenstein stieg der Zorn gegen die Behörden. Aufständische Vorarlberger ermordeten im August 1796 den Leiter des Kreis- amtes Bregenz, Kreishauptmann Ignaz Anton v. Indermauer.734 In Zusammenhang mit den Ereig- nissen in der Nachbarschaft stand auch die vor- übergehende Flucht des Vaduzer Landvogts Men- zinger in die Schweiz.735 Im November 1796 lockerte aber der neue Bregenzer Kreishauptmann Vikari die Viehsperre, da er die ärmeren Bevölke- rungsschichten nicht «ganz herberg- und brodlos» machen wollte.73r' Da aber kurz zuvor im Raum Feldkirch unter dem Vieh die «Magenseuche oder Löserdörre» ausgebrochen war, beschloss der Liechtensteiner Landvogt Menzinger, die Grenze zu Österreich für den Viehhandel wieder dicht zu ma- chen.737 Im Winter 1796/97 brach zudem noch im benachbarten Graubünden eine Viehseuche aus.738 
Deshalb geschah es auch, dass aus Graubünden kommende Fuhrwerke in Balzers angehalten und die Zugtiere auf ihren Gesundheitszustand hin untersucht wurden.739 Das Jahr 1796 stand insge- samt unter einem schlechten Stern, da nicht nur Handelssperren, Aufruhr und Viehseuchen das Fuhrwesen in Liechtenstein beeinträchtigten, son- dern weil auch eine schwere Missernte die Versor- gung mit Lebensmitteln in Frage stellte.740 Die grosse Katastrophe fand jedoch erst zur Jahrhundertwende statt. Waren die Nahrungs- reserven der Bauern infolge Einquartierung von kaiserlichen Truppen bereits stark zusammenge- schrumpft, so «bedeutete der unvermutete Einfall der Franzosen am 6. März 1799 für viele das En- de. Besonders in Bendern, Mauren, Nendeln und Eschen sah es schlimm aus. Der Feind plünderte 728) Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, S. 332. Fussnote 18. 729) Ebenda, S. 332. 730) Ebenda. 731) Bernhard, Geschichte Vorarlbergs 1789-1801, S. 82. 732) Wanner, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. S. 464. Die in Feld- kirch stationierte Grenzschmuggel-Kommission nahm den ertappten Schmugglern nicht nur die Waren, sondern auch die Wagen und Zugtiere weg. Der Schmuggler Andreas Oehri aus Mauren sass nach erfolgter Anzeige sogar 27 Wochen im Arrest in Vaduz. 733) Ebenda. 734) Ebenda. - Vgl. auch Bernhard, Geschichte Vorarlbergs 1789-1801, S. 82 und S. 330, Fussnote 249: «Wenngleich ... Inder- mauer bei der Errichtung und Verlängerung dieser Sperrverordnun- gen nur ein ausführendes Organ höherer Befehlsgeber war, so sah das Volk in ihm doch den verantwortlichen Mann. Dies [hatte! ihn in Vorarlberg natürlich nicht populärer [gemacht]. Bei seinen Beamten- kollegen und bei höheren Amtsstellen muss seine Tätigkeit aber hoch eingeschätzt worden sein». 735) Wanner, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 464 sowie Kaiser, Arthur Brunhart, S. 525. Menzinger floh «mit dem Landschreiber, mit Weib und Kind». 736) Ebenda, S. 464 f. Vikari handelte nicht aus purer Menschen- liebe. Entscheidend dürfte vielmehr die Angst vor neuen Unruhen in der Bevölkerung gewesen sein. 737) Ebenda, S. 471. 738) Ebenda. S. 474. 739) Ebenda. S. 475. 740) Ebenda. S. 465. 132
	        

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