DAS ROD- UND FUHRWESEN IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / KLAUS BIEDERMANN Feldkirch waren mit diesem Vorschlag einverstan- den, wollten aber, dass Liechtenstein die Druckko- sten übernahm. Im Juni schliesslich überwies das Oberamt den Betrag von drei Gulden für hundert Stück gedruckte Policen an die Stadt Feldkirch.616 Ein ähnlicher Vorstoss (zur Einführung von Rodpo- licen) an die Adresse der Stadt Maienfeld scheiterte im Herbst desselben Jahres. Auf ein oberamtliches Schreiben antworteten die Maienfelder Behörden, dass es bei ihnen nicht üblich sei, Frachtbriefe aus- zustellen. Die Einführung von Rodpolicen wäre zu teuer und ausserdem würde die Stadt Chur für die aus Maienfeld kommenden Fuhren ebenfalls keine Frachtbriefe ausstellen.617 - Die Antwort aus Mai- enfeld kam erst fünf Wochen später. Dies lässt dar- auf schliessen, dass die bündnerischen Nachbarn kein Interesse hatten, in dieser Frage den Liechten- steinern entgegen zu kommen. In der Zwischenzeit war es zu einem erneuten Konflikt zwischen Liechtenstein und dem Feldkir- cher Hausmeister gekommen. Der Feldkircher Fak- tor Georg Anton Bachmann berichtete am Montag, den 12. Oktober 1789 dem Oberamt, dass er am Samstag 43 schwere Malter an Glarner Korn erhal- ten hatte, welche an jenem Montag in Trübbach hätten sein sollen. Wegen ungünstiger Witterung war es, so Bachmann, nicht möglich gewesen, die- se Früchte sofort zu verschicken. Schliesslich hatte er erfolglos auf Sonntagabend, 6 Uhr, fünf Fuhr- werke aus Ruggell nach Feldkirch beordert. Er drohte damit, Fuhrleute aus Göfis mit dem Trans- port dieser Waren zu beauftragen, sofern die Rug- geller nicht pünktlich in Feldkirch zur Stelle wären.618 Das Oberamt vernahm in dieser Ange- legenheit Richter Franz Joseph Oehry aus Ruggell. Dieser liess verlauten, dass Faktor Bachmann das Aufgebot für den Abend erst am Nachmittag ge- macht hätte. Richter Oehry wies auf das für liech- tensteinische Fuhrleute geltende Sonntagsfahrver- bot hin. Die Ruggeller Fuhrleute wären hingegen bereit gewesen, die Transporte in der Nacht auf Montag durchzuführen. Es erging unverzüglich eine oberamtliche Protestnote an Faktor Bach- mann in Feldkirch. Dieser hätte die Ruggeller Fuhrleute absichtlich auf einen Sonntag und zeit-lich
so knapp bestellt. Er wollte (gemäss oberamtli- chem Urteil) damit nur erreichen, dass diese Fuhr- leute den besagten Transport nicht übernehmen konnten. Überhaupt, so argwöhnte das Oberamt, arbeitete Bachmann nur darauf hin, den liechten- steinischen Fuhrleuten das Rodfuhrwesen als Ver- dienstquelle gänzlich zu entziehen.619 Ein weiteres Problemfeld war infolge perma- nenter Übertretung der Rodordnung durch Fuhr- leute aus dem Grossraum Feldkirch entstanden. Ein oberamtliches Schreiben vom 29. August 1789 nannte als Übeltäter die Brüder Christian und Flansjörg Pümpel aus Tisis sowie Makary Wohl- wend aus Feldkirch.620 Den Gebrüdern Pümpel würde vorgeworfen, Früchte zu führen, obwohl ihnen bloss der Transport von Stückwaren bis Chur zustehen würde. Makary Wohlwend hinge- gen durfte Früchte transportieren, er unterliess es 609) Pferdeschelle; kugelförmige Schelle mit einer beweglichen Kugel darin. Sie wurde auch als Türschelle verwendet. - Vgl.: Grimm, Wörterbuch, Bd. 14. Sp. 1140. 610) LLA RA 21/19: Oberamtliches Schreiben vom 11. März 1789. 611) Zu Johann(es) Batliner siehe auch S. 89 sowie Anmerkung 469. 612) LLA RA 21/36: Der Inhalt der Säcke teils ganz, teils zu 1.5 Viertel verschüttet. 613) Franz Joseph Näscher (Nescher) aus Gamprin (1745-1810), verheiratet mit Katharina Matt (1742-1812), Landammann von 1791 bis 1803 (Angabe nach: Kaiser, Johann Baptist Büchel. S. 566). Ein Teil seiner Nachkommenschaft erwarb durch Kauf 185.3 das Bürger- recht, von Mauren; vgl.: Stammbuch Mauren-Schaanwald. S. 141. 614) LLA RA 21/32: «am Abent nachts». 615) Ebenda. Trotz dieser Verstärkungsmassnahme gestaltete sich die Weiterfahrt äusserst schwierig. 616) Mehrere Schreiben: LLA RA 21/13, LLA RA 21/15, LLA RA 21/22, LLA RA 21/33-34. 617) LLA RA 21/42: OA an Stadt Maienfeld, 29. August 1789. - LLA RA 21/43: Antwort aus Maienfeld vom 23. September 1789 gemäss altem Kalender bzw. 4. Oktober 1789 gemäss neuem Kalender. - Im Gegensatz zu Liechtenstein und Feldkirch verwendeten die Behör- den in Graubünden teils noch bis 1812 den alten julianischen Kalender; vgl.: Grotefend. S. 27). 618) LLA RA 21/44: Bachmann an OA, 12. Oktober 1789. 619) LLA RA 21/46: OA an Faktor Bachmann in Feldkirch, 14. Okto- ber 1789. 620) LLA RA 21/40: OA an Magistrat Feldkirch, 29. August 1789. 115