Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1999) (97)

Unterland hingegen war der Rodverkehr bereits am Ende des 18. Jahrhunderts zum Erliegen ge- kommen.500 Konnten wirklich alle Fuhrleute gleichermassen vom Rodverkehr profitieren? Beim genaueren Hin- sehen auf die praktische Handhabung der Rodord- nungen muss diese Frage verneint werden. Es gibt Hinweise darauf, dass Rodrechte teilweise erblich und käuflich waren.501 In stärkerem Ausmass pro- fitierten diejenigen Fuhrleute mit einem hohen Steuervermögen. Die Steuerbelastung der Liech- tensteiner war im 18. Jahrhundert zu Friedenszei- ten recht klein502 und jeder gab ein möglichst gros- ses Steuervermögen an, «weil das Rodfuhrwesen nach der Steuer umgieng, und einer, der höher in der Steuer war, etwa einmal mehr fahren dörfte als ein anderer».503 Zusätzliche Angaben hierzu finden sich in der Balzner Gemeindeordnung von 1708. Der diesbezügliche Artikel dieser Ordnung lautet wie folgt: «Neuntens ist wegen der Fuehr gleich- mässig abgehandlet und verglichen worden, dass, welcher nicht 800 fl. versteuret solle 5 laden, der aber die 800 fl. versteuret solle 6 laden, welcher aber 1500 fl. versteuret solle 7 laden, welcher aber 2 000 fl. versteuret solle 8 laden»; Fuhrleute, die mehr Wagen pro Jahr für den Rodverkehr luden, wurden bestraft.504 Vermutlich fiel die grosse Mehr- heit der Liechtensteiner in die Kategorie mit weni- ger als 500 Gulden Steuervermögen. Dies galt je- denfalls für die Gemeinde Schaan.505 Hiermit ist deutlich geworden, dass das Rodwesen auch Geset- zen gehorchte, die in den einzelnen Rodordnungen nicht enthalten sind. Es ist schwierig, sich ein genaues Bild über die Zahl der liechtensteinischen Rodfuhrleute zu ma- chen. Die Rodordnung von 1782 sprach von 25 Fuhrleuten alleine aus dem Unterland, die im Rod- verkehr Transporte von Feldkirch nach Balzers tätigten.506 Da es aber im Jahre 1781 über 300 Pferde im Unterland gab und die meisten Leute nur ein bis zwei Pferde besassen,507 heisst das, dass nur ein kleiner Teil der Pferdebesitzer am Rodver- kehr teilnehmen konnte. Unklar ist, ob diese Be- stimmung von 1782 auch wirklich eingehalten wurde. Für das Oberland liegen ebenso keine ver-lässlichen 
Angaben vor. Wenn man die Vorgabe der Rodordnung von 1782 auf das gesamte Land hoch- rechnet, so dürften sich um 1780 rund 70 bis 80 Fuhrleute am Rodwesen beteiligt haben. Doch die- se Zahl ist vermutlich eher zu tief gegriffen. In den Jahren 1799 bis 1801 waren für das Militärfuhr- wesen alleine aus Balzers 69 Fuhrleute im Ein- satz.508 Allerdings war dies keine freiwillige Tätig- keit, so dass die Zahl dieser Fuhrleute hier wieder höher liegen dürfte als die Zahl der aus Balzers stammenden Rodfuhrleute. Es darf angenommen werden, dass das Rodwesen für den liechtensteini- schen Bauern weniger als in Graubünden oder Uri eine Lebensgrundlage, sondern eher ein willkom- mener Nebenverdienst darstellte. Es wäre hier ein zeitraubendes, aber vielleicht lohnendes Unterfan- gen, anhand von zusätzlichen Archivalien zu unter- suchen, wie es um die soziale Mobilität der einzel- nen Rodfuhrleute bestellt war. Gelang den an der Rod teilnehmenden Fuhrleuten ein sozialer Auf- stieg? Wie verkrafteten sie das Ende des Rodwe- sens? - Allerdings würden diese Nachforschungen den zeitlichen und umfangmässigen Rahmen die- ser Lizentiatsarbeit sprengen. 96
	        

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