Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

Zeugenaussagen weg und ersparte sich so Argu- mentationsprobleme. Bei Maria Hoppin aus Rug- gell fehlt zum Beispiel die keineswegs nebensäch- liche Tatsache, dass sie auffälligerweise nur bei Hexenverfolgungen die Läden schloss und dass sie von ihrem eigenen Mann verdächtigt worden sein soll.449 Der Rechtsgutachter geht auch nicht weiter darauf ein, dass die hingerichtete Madgalena Eg- lin ihre Beschuldigungen gegenüber Barbara Mora- tin aufrechterhalten hatte, obwohl sie vor der Hin- richtung sonst grosse Reue bezeugt und sich - zu- mindest äusserlich - wieder zu Gott bekehrt hatte. Er qualifizierte die Aussage der Eglin als gewöhn- liche Denunziation ab, über die keine weiteren Unterlagen mehr vorlagen.450 Völlig überflüssig war die umfangreiche Ab- schrift von Inquisitionsangaben, die selbst vom Vaduzer Gericht nicht für wert befunden wurden, weiter verfolgt und dem Lindauer Rechtsgutachter vorgelegt zu werden. Sie liess das Salzburger Rechtsgutachten allerdings umfassender erschei- nen und belastete bei oberflächlicher Betrachtung zusätzlich das Vaduzer Gericht. DIE ARGUMENTATIONSSTRATEGIEN DES SALZBURGER RECHTSGUTACHTENS Wie schon von Otto Seger hervorgehoben wurde, war der Verfasser des Rechtsgutachtens sehr be- müht, möglichst viele Verfahrensfehler zu finden. «<Forma non servata actus redditur nullus>, das be- deutet: Wenn die vorgeschriebene Form nicht ein- gehalten wird, ist der ganze Rechtsakt ungültig. Diese Worte könnte man als Leitsatz über die ganze Arbeit stellen.»451 Wendet man den genannten Grundsatz auf das Rechtsgutachten selbst an und zählt man zu den formalen Fehlern auch die willkürlichen Auslegun- gen sowie eigenwilligen Interpretationen der Un- terlagen, so zeigt sich, dass die Aufhebung sämt- licher Urteile der vaduzischen Hexenprozesse der Jahre 1679 und 1680 auf einer juristisch nicht besonders soliden Basis stand. Man kann wohl annehmen, dass es auf dieser Grundlage wahr-scheinlich 
nicht ohne weiteres zu einer pauschalen Annullierung sämtlicher Urteile der vaduzischen Hexenprozesse gekommen wäre, wenn sich die Partei der Hexenverfolger beim Verfahren vor dem Reichshofrat gegen die Argumentationsstrategien des Rechtsgutachtens zur Wehr hätte setzen kön- nen. Diese basierten auf zwei Grundmustern: Erstens legte Dr. Moser an die Hexenprozesse, für die zumeist rechtliche Sonderregelungen geltend ge- macht wurden, die Massstäbe des gewöhnlichen Verfahrensrechts an und konnte so mehr als genug Verstösse dagegen feststellen. Zweitens suchte er bei allen möglichen Angaben, die seinen Zielen ent- gegenstanden, so lange nach irgendwelchen Män- geln, bis sie für ihn juristisch nicht mehr relevant waren. Dabei war Dr. Moser keine Kleinigkeit zu gering, als dass er sie nicht gegen das Vaduzer Gericht benützt hätte. So liess er zum Beispiel die Aussage Hans Kibers gegen Maria Walserin deshalb nicht gelten, weil Kiber nur erklärt hatte, eine Kuh habe am Tag nach dem Streit gestockte Milch gegeben, und drei Tage darauf sei ein Stier gestorben. Laut Dr. Moser hätte Kiber auch 
die aigentliche zeit anführen, also ein Datum nennen müssen.452 Bei einer Aussage gegen Magdalena Spaltin, die vor ohngefehr vor 3 jähren Flennen durch Küchle vergiftet haben sollte, kritisierte er nicht nur die vage Zeitangabe. Er bemängelte vor allem auch, dass der Zeuge nicht ausdrücklich erklärt hatte, dass er selbst gesehen ihabe, wie seine Frau die Küchle den Tieren vorgeworfen hätte.453 Eine Beschuldigung Martin Niggs durch Corne- lius Marogg liess Dr. Moser mit der Begründung nicht gelten, dass sie nur dann belastend gewesen wäre, wenn Nigg auch durch seinen Lebenswandel als der Hexerei verdächtig gegolten hätte. Da je- doch in den Protokollen angeführt war, dass Ma- rogg den Verdacht gegen Nigg eben darum hegte, weil 
er in mala fama seye, erklärte Dr. Moser diese Aussage deshalb für ungültig, weil nicht angegeben war, auf welche Art der schlechte Ruf entstanden war.454 94
	        

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