Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

ihrer seiten wider inquisiten vorhanden war, dass die Zeugen nicht bestochen waren und sich nicht anmassten, zur Zeugenaussage gleich auch ein Urteil zu fällen. - Die rechtlichen Anforderungen an die Qualität der Zeugen waren laut Dr. 
Welz nach fleißiger durchgehung deß protocolls bei den Inqui- sitionen, die ihm vorlagen, durchaus erfüllt wor- den. (Die späteren Rechtsgutachten vertraten dies- bezüglich die gegenteilige Auffassung.) 2. Die Form der Zeugeneinvernahme. Die Aussagen der Zeugen sollten unter 
Eid ordent- lich und in secreto vor dem zuständigen Richter erfolgen und dann in den Akten vermerkt werden, welches laut Dr. 
Welz bey unserer Inquisition ... allerdings observirt zu sein scheinet. (Der Salzbur- ger Rechtsgutachter war auch in dieser Hinsicht anderer Meinung.) 3. Die Zeugenaussagen. Sie durften nicht unklar, wankend, in sich wider- sprüchlich und zweifelhaft sein. Selbst eine einzige relevante Aussage sollte für die Gefangennahme und Tortur ausreichen, die nicht von der Zahl der Indizien abhängig war. Es sei weiters darauf zu achten, ob ein Schadenzauber unmittelbar nach einer Drohung oder erst nach längerer Zeit fest- stellbar war. Als nächsten Schritt zur Wahrheitsfindung emp- fahl Dr. Welz - anders als 
manche rechtsverständi- ge -, nach der Gefangennahme nicht gleich die Fol- ter einzusetzen, sondern die 
Verdächtigten durch alle mögliche mittel vorher zu einem Geständnis zu bewegen. Erst falls sich dieses Bemühen als ver- geblich erwiesen hatte, sollte man zur Folterung schreiten. Davor waren die 
Angeklagten aller or- ten, besonders unter den 
Achseln und dergleichen orten deß leibes, fleissig zu untersuchen, ob sie nicht 
ein sortem silentij in den Flaaren oder gar in der Haut verborgen bei sich trügen, wie dies oft ge- schehe. Diese Mittel 
bewirkten, daß sie auch bei der größten marter ohne schmerzen und halb- schlaff end zu sein beobachtet worden. ... Ja, die boßheit der menschen so gar hoch gestiegen, daß auch sie sich durch murmelung einiger spräche vor dem schmerzen der folter sicher zu sein vermei- nen. 
Als Beispiel für einen solchen Zauber führte Dr. Welz ein Rezept aus einem Werk Hippolyt de Marsiiis an. Danach müsse man einen Kuchen aus Mehl und der Milch einer Mutter sowie einer Toch- ter backen. Wenn der Delinquent davon esse, spüre er nicht den geringsten Schmerz, solange er den Kuchen im Leib habe. Bei der Folter unterschied Dr. Welz wie Bene- dikt Carpzow zwischen 
der territio und der Tortur selbst. 
Die territio bestand darin, dass dem Ange- klagten die Folterwerkzeuge mit Einsatz der Daum- schraube gezeigt wurden. Laut Dr. Welz konnte sie bei der «gütlichen» Vorprüfung eingesetzt werden. Bei der eigentlichen Folterung habe der Richter die Körperkraft und die Würde des Angeklagten, die ihm vorgeworfenen Laster und die vorhande- nen Indizien zu berücksichtigen. Da die Indizien bei den Personen, die laut Gutachten vom Juni 1680 gefoltert werden konnten, sehr ähnlich seien, habe man hier vor allem den Unterschied zwischen den Geschlechtern zu berücksichtigen. Bei den Frauen (mit Ausnahme der besonders verdächti- gen Maria Kaiserin) sollte nur bis zum zweiten Grad gefoltert werden, bei den Männern (ausser bei Andreas Egle) bis zum dritten Grad. Aber auch bei den Frauen habe man die Tortur jeweils auf ihre körperliche Beschaffenheit abzustimmen. PROZESSKRITIK VON DR. FRANZ GUGGER, FELDKIRCH Als die Kritik an den «Brüglerischen Prozessen» im Frühjahr 1679 ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurden die Inquisitions- und Konstitutionsproto- kolle dem Feldkircher Hubmeister Dr. Franz Gug- ger zur rechtlichen Überprüfung übergeben. Dabei stellte dieser folgende Mängel fest: 1. Die Indizien, die zur Gefangenschaft und zur Folterung geführt hatten, 
waren schlechtlich erwo- gen, da es an den erforderlichen untadelhaften Zeugen gefehlt und man sich zu stark auf die Denunziationen gestützt hatte. 2. Die Fragen an die Angeklagten waren ver- fänglich und suggestiv formuliert. 88
	        

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