Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

gen zugelassen. Auch ihre Aussagen reichten für eine Folterung der Verdächtigten aus. Die Zeugen durften aber gegen die Personen, über die sie im Zuge der Inquisition aussagten, keinen grossen grollen und keine Feindschaft hegen. Darüber hi- naus war zu berücksichtigen, auf welche Art die Angaben erfolgten: ob die Zeugen zögerten oder ob sie sich etwa nicht ganz sicher waren usw. Bei den Äusserungen der verdächtigten Perso- nen, die im Zuge von Inquisitionen erfasst wurden, waren etliche leichtfertige gottlosigkeiten, ver- ruchte reden und blasphemias contra majestatem divinam et sanctos, Verfluchungen der eitern usw. von den Anzeichen der Magie zu unterscheiden. Laut Artikel 44 der Constitutio Criminalis Carolina lagen solche 
vor, wann jemand sich erbeüth, ande- re leüth zauberey zu lehren oder jemand zu bezau- bern betrohet und dem betroheten dergleichen beschicht, auch sonderliche gemeinschafft mit zau- bern und Zauberinnen hat, oder mit solchen ver- dächtigen dingen, gebärden, Worten und weisen umbgehet, die zauberey auff sich tragen, und die- selbe person deßen auch berüchtiget. Das ergebe eine redliche anzeig der zauberey und genügsame ursach zur peinlichen frage. Welche Dinge, Gebärden, Worte und Werke kon- kret als verdächtig einzustufen waren, blieb der Einschätzung des Richters überlassen. Laut Dr. Welz entstand jedoch ein begründeter Verdacht auf Zauberei vor allem auf zweierlei Weise: erstens durch familiarität und vertrawlichkeit zweier Per- sonen sowie zweitens durch den Gebrauch von ver- dächtigen Wörtern. Bei letzteren war jedoch zu unterscheiden, ob durch sie ein Schaden bewirkt worden sei oder nicht. Eine solche magische Schädigung konnte entweder im vornhinein angekündigt oder später als solche erklärt worden sein. Bei den angekün- digten Schadenzaubern, 
die von diesem ungezifer ausgeübt wurden, unterschied Dr. Welz Drohun- gen, die später eintrafen, und auffällig geäusserte Bewunderung, der ebenfalls ein Schaden folgte. Dabei sollten die Verdächtigten dasjenige Vieh oder diejenige Saat etc., die sie verderben wollten, vor der Anwendung des Teufelswerks gegenüber dem 
Besitzer gelobt und gerühmt haben. Für Dr. Welz bezeugte 
es die tägliche leidige erfahrung .... daß dieser modus fascinandi einer von den gemeine- sten und schädlichsten seye, deren sich dieses ge- schmeiß zu bedienen pfleget. Bei einer Person mit schlechtem Ruf reichte ein solcher Vorfall schon für die Anwendung der Folter. Schadenzauber liess sich weiters feststellen, wenn sich jemand im nachhinein über ein Unglück freute oder sich einer entsprechenden Ankündi- gung rühmte. Kam dies bei einer Person öfters vor, genügte es laut Dr. Welz für eine Gefangennahme. Wie weit sich das Vaduzer Gericht in den Verfah- ren nach den dargelegten theoretischen Vorgaben richtete, lässt sich im einzelnen nur schwer nach- vollziehen. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang vor allem die Tatsache, dass Dr. Welz bei seinen Abhandlungen über die einzelnen Verdächtigten den Richtern deutlich zeigte, dass die Bestimmungen sehr flexibel zu handhaben wa- ren. Lag etwa bei Michael Beck, dem Sohn des Mat- thias, nur Belastungsmaterial in Form einer unkla- ren Schadenzaubervermutung vor, so forderte Dr. Welz eben dazu auf, weitere Indizien zu suchen.403 Bei Andreas Walser musste der Gutachter selbst ausdrücklich feststellen, dass man aus den Unterla- gen schwerlich sehen könte, quo titulo dieser mann ratione der zauberey mit fueg anzutasten sei. Trotzdem ging er davon aus, dass das Gericht schwerwiegende Indizien oder Denunziationen fin- den werde und befürwortete sogar eine Inhaftie- rung.404 Bei der Ehefrau Andreas Lamparts emp- fahl Dr. Welz die Gefangennahme alleine auf Grund des Vorwurfs, sie habe jemandem fünf Wochen lang auf magische Weise die Milch gestohlen.405 Ein weiteres Beispiel einer willkürlichen Vorgangswei- se bildete die Empfehlung beim Fall der Ursula Schedlerin. Sie war von einem Gerichtsmann be- schuldigt worden, seine Frau uneingeladen im Kindbett besucht zu haben, woraufhin sich diese gleich übl befunden habe und etlich wochen bethli- gerig gewesen sei. Für Dr. Welz war die 
Sache nach einer hexerey gar zu stinckend, als dass man nicht gegen die Schedlerin vorgehen sollte. Deshalb möge sich der Richter seines Ermessensspielraums 86
	        

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