Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

«DER TEUFEL UND DIE HEXEN MÜSSEN AUS DEM LAND ...» / MANFRED TSCHAIKNER te sich dabei entsprechend zu vergewissern, dass die Denunziationen nicht aus Hass und Feindschaft erfolgten. Die dritte Gruppe vertrat die Auffassung, man sollte als Voraussetzung für die Gefangennah- me und Folterung Verdächtigter über die Denun- ziationen hinaus 
noch ein oder mehrere neben indicia verlangen, 
welche die sache considerabler machen. Diese in Teutschland übliche Meinung hielt Dr. Welz für die beste Vorgangsweise. Ein weiteres solches Kriterium für die Gefangen- nahme von Verdächtigten, die von Delinquenten denunziert worden waren, bildete ihr Leumund. Verfügte eine Person über einen guten Ruf, reichte eine Denunziation nicht für eine Inhaftierung aus. Lag ein schlechter Leumund vor, war zu unter- scheiden, ob dieser von den Eltern und Vorfahren herrührte oder ob er von der betreffenden Person selbst verschuldet worden war. Wurde eine Person denunziert, bei der beide Arten des schlechten Leu- munds nachzuweisen waren, stand 
es außer allem zweifei, dass sie verhaftet und gefoltert werden konnte. Falls nur die Denunziation und ein schlech- ter Ruf vorlagen, der von den Vorfahren vererbt worden war, musste als Bedingung für eine Verhaf- tung ein weiteres Indiz dazukommen. Stand die betreffende Person in einem schlechten Ruf, der von ihr selbst herrührte, unterschied man, ob die- ser stark oder schwach ausgeprägt war. Zu einem sehr schlechten Leumund gehörte, a) dass der Beklagte vor der eingeleiteten Inqui- sition schon verrufen war, b) dass sein schlechter Ruf den Mitmenschen ein Ärgernis bildete, c) dass die entsprechende Person nicht nur von wenigen, sondern von den meisten Leuten für ver- dächtig gehalten wurde, d) dass das Gerücht nicht von schlechten, son- dern von ehrsamen und glaubwürdigen Menschen herrührte und e) dass die Ursachen der 
Verdächtigung ver- nünfftig und der Wahrheit ähnlich zu sein befunden werden. Waren diese fünf Kriterien erfüllt, lagen nach Meinung der Rechtsgelehrten ausreichende Indi- zien für eine Verhaftung und Folterung vor. Auf 
Grund eines andersartigen schlechten Leumunds liesse sich keine Verhaftung vornehmen, ohne dass weitere Indizien vorlagen. Obwohl die Flucht von einigen Rechtsgelehrten (z. B. von Benedikt Carpzow) allein schon als aus- reichende Voraussetzung für eine Verhaftung ange- sehen wurde, sollte sie laut Dr. Welz jedoch nur unter folgenden Bedingungen zu einer Gefangen- nahme führen: a) wenn der Verdächtigte noch vor der Inquisiti- on auf Grund eines schlechten Gewissens weggezo- gen sei und zugleich andere Indizien gegen ihn vor- lagen oder b) wenn der entwichene Verdächtigte vor das Gericht zitiert worden war und keine ausreichen- de Entschuldigung für sein Ausbleiben anführen konnte. Andere Konstellationen, die in dieser Hinsicht von Belang waren, führte 
Welz wegen suchender kürze nicht mehr aus. Auf die Aussagen der Zeugen bei Inquisitionen sei gewöhnlich nur 
dann viel zu gehen, wenn taug- liche Zeugen beigezogen worden waren oder die Angaben vor dem Richter wiederholt wurden. Im Falle des Flexereiverdachts genügten für eine Ver- haftung und Folterung 
aber auch die äußern ge- richtliche bekantnißen, im fall sie serio und mit ernst beschehen. Nach der Meinung mancher Juri- sten konnten selbst Personen, die direkt ins Gesicht der Hexerei beschuldigt worden waren und sich dagegen nicht gewehrt hatten, gefangengenommen werden. Bei Hexereifällen 
waren so gar die weiber und kinder, wenn sie ein gewisses Alter hatten, als Zeu- 397) SRg, fol. 9b-10a. 398) Putzer, Rochtsgutachten, S. 15 u. 38; Seger, Hexenprozesse, S. 67. 399) Vogt, Hexenprozesse. S. 10. 400) Hexen und Hexenprozesse, S. 372; vgl. ebenda, S. 364 f.: Behringer, Feuer, S. 134. 401) Schwerhoff, Rationalität, S. 51. 402) Welz 1, S. 2-17. 85
	        

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