Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

Die rechtlichen Grundlagen DIE LINDAUER RECHTSGUTACHTEN ZUR PERSON DES RECHTSGUTACHTERS DR. THOMAS WELZ Dr. Thomas Welz wurde am 3. Dezember 1654 als Sohn des Lindauer Bürgermeisters Dr. Johann Con- rad Welz und seiner Ehefrau Anna Maria Lutzin geboren. Thomas' gleichnamiger Grossvater war 1652 mit seiner 
Familie wegen religionsverfolgung von Konstanz nach Lindau übersiedelt.378 (In Kon- stanz scheint Thomas Welz 1635 in einem Ver- zeichnis der unkatholischen Bürger auf, während seine Frau Magdalena Öderlin und die Kinder als Katholiken bezeichnet werden.379) Auch der Sohn Johann Conrad, der an den Universitäten von Padua und Leipzig studiert hatte und zum Doktor der Philosophie, Medizin und Chirurgie promoviert worden war, übersiedelte nach Lindau, erwarb das Bürgerrecht und wurde 1660 in den kleinen sowie zwei Jahre später in den geheimen Rat aufgenom- men. Von 1679 bis zu seinem Tod 1692 war er Bür- germeister der Reichsstadt und hatte auch noch weitere wichtige Ämter inne.380 Sein ältester Sohn Thomas besuchte von 1671 bis 1674 die Universität Jena. Wieder zu Hause, fände er in dem herrn Dr. Daniel Rehmen, gewese- nen syndico alhier, seinen guten freund, der ihme seine bibliothec und zerschiedene gute manuscrip- te eröfnet, so er sich auch wohl zunutzen ge- macht.3" (Dr. Rehm wird später von Lizentiat Jo- hann Büchele im Zusammenhang mit den welzi- schen Rechtsgutachten für das Vaduzer Gericht er- wähnt.) Im Herbst 1674 wurde Thomas Welz zum Jusstudium nach 
Tübingen verschickt. Dort lernte er unter anderem 
den weltberühmbten Professor Dr. Wolfgang Adam Lauterbach kennen, der «Tü- bingens grösster Jurist des 17. Jahrhunderts» ge- wesen sein soll.382 Im folgenden Jahr (1675) reiste Welz über Mai- land, Piacenza, Parma, Reggio, Modena, Bologna und Ferrara nach Venedig und weiter an die tradi- tionsreiche Universität Padua, wo er - wie schon davor sein Vater und der Bruder seines Gross-vaters, 
Gebhard Welz - promovierte. Nachdem er am 30. September 1676 den Titel eines Doktors beider Rechte erworben hatte, reiste er über Tirol nach Lindau, wo 
er ad praxim schritt, also juri- stisch tätig wurde. Als Welz im März 1679 das er- ste Rechtsgutachten für das Vaduzer Gericht ver- fasste, hatte der vierundzwanzigjährige Jurist zweieinhalb Jahre Berufspraxis hinter sich. Den ersten Höhepunkt seiner beruflichen Karriere er- lebte Welz laut Bensperg, dem Verfasser der Ge- nealogia Lindaviensis, bei seinem Einsatz für die Stadt Lindau in 
der reichsbekandten großen anli- genheit des Streites um die entzogene Pfarrei Bö- senreutin samt den dazugehörigen Dörfern. Dabei erreichte Welz in Innsbruck deren Rückgabe. 1682 wurde er 
als syndicus Ordinarius in den Stadtrat aufgenommen.383 In dieser Funktion tat er sieb be- sonders dadurch hervor, dass er «um 1700 in den immer wieder aufflammenden Streitigkeiten mit dem Stift nun die Rolle des alten Daniel Heider übernahm, was Gutachten und Streitschriften be- traf».384 Im April 1685 hatte Dr. Thomas Welz Anna Christina von Eberz geheiratet.385 Sie stammte aus einer alten «Isnyer Handels- und Patrizierfamilie, die in der kleinen Stadt eine fast monarchische Stellung einnahm. Jahrhunderte hindurch war na- hezu immer ein Eberz, wenn auch aus verschiede- nen Linien, Bürgermeister von Isny.»386 Dr. Thomas Welz hatte mit seiner Frau fünf Söhne und sechs Töchter. Er verstarb Anfang Jänner 1733 im Alter von 79 Jahren.387 Seine juristischen Ratschläge für das Vaduzer Gericht trugen wesentlich dazu bei, dass die He- xenprozesse sowohl nach dem späteren Urteil des Tübinger Rechtsgutachtens als auch nach dem Urteil der Salzburger Juristenfakultät den Rechten fast gänzlich diametral 
entgegen angestellt und geführt wurden.388 Obwohl der kaiserliche Kom- missar Rupert von Bodman deshalb 1685 erwog, ausser den Vaduzer Richtern und Beamten auch Dr. Welz für die widerrechtlichen Hexenprozesse von 1679 und 1680 zur Verantwortung zu ziehen, scheint ihm seine verhängnisvolle Gutachtertätig- keit nicht zum Nachteil gereicht zu sein. 80
	        

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