Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

«DER TEUFEL UND DIE HEXEN MÜSSEN AUS DEM LAND ...» / MANFRED TSCHAIKNER Sogar Streitigkeiten von Kindern untereinander sollen mitunter magische Folgen gehabt haben. In einem Fall erkrankten daraufhin zwei Ferkel. RACHE, «EINTRÄNKEN» Als zwei Knaben einmal Kirschen stahlen und da- bei auch Äste abrissen, schlug der Besitzer des Baumes einen der kleinen Diebe. Kurz darauf wur- de sein eigenes Töchterchen lahm. Der Verdacht auf magische Rache bestätigte sich, als die Mutter des geschlagenen Kindes als einzige Nachbarin kein Mitleid mit dem erlahmten Mädchen zeigte. Solche vermeintlichen Rachemassnahmen muss- ten oft nicht erst aus bestimmten Umständen gefol- gert werden. Manchmal wurden sie im Zorn laut- hals angekündigt. Er hiess, man werde jemandem «eine Letzi lassen», man wolle es ihm schon «machen» oder es ihm noch «eintränken». Folgten darauf Krankheit, Milchverlust bei Kühen oder ähnliches, bestand über die Gründe dafür meist kein Zweifel mehr. Der Ausdruck «jemandem etwas eintränken» bedeutete soviel wie «jemandem etwas heimzah- len, vergelten». Der ursprüngliche Sinn war «ei- nem einen Trank zu trinken geben», wobei mit dem verhüllend verwendeten «es» etwas Schlim- mes, vor allem Gift, gemeint war.256 An eine Drohung mit dem Eintränken erinnerte man sich lange Zeit. Manch einer wartete geradezu auf das angekündigte Unglück, so dass sich die Pro- phezeiung fast erfüllen musste. Wegen einer ver- meintlichen Anzeige in Vaduz hatte zum Beispiel eine Frau aus Eschen einem Nachbarn mit dem Eintränken gedroht. Als diesem ein halbes Jahr später (!) eine Kuh verendete, bildete dies in seinen Augen eine Folge der angesagten Schädigung. Oft wurde eine solche zeitliche Verzögerung der Rache ausdrücklich angekündigt. Katharina Gass- nerin etwa drohte Sebastian Becks 
Frau: Dein mann hat mir meine mutter verthan, aber ich will ihme noch wohl eine leze laßen, und zwar zur zeit, wann er nicht daran gedenckhen wirdt. 
Hatte jemand einem Gegner nicht schon anläss- lich eines Streits mit dem Eintränken gedroht, konnte er dies dadurch nachholen, dass er einen später auftretenden Schaden als Rache erklärte. In diesem Sinn äusserte sich etwa Katharina Hop- pin gegenüber Plans Brendlin, als sie zu ihm sagte: Het er mir nit also gethan, so were ihme dises nit begegnet. Racheakte erwartete man nicht nur nach expli- ziten Drohungen. In einem Fall wurde jemand krank, nachdem er das Durchfahrtsverbot eines Nachbarn missachtet hatte. Derjenige, dessen Recht verletzt worden war, wurde daraufhin des Schadenzaubers verdächtigt. Eine ähnliche Situa- tion lag bei einer Frau vor, welche die Katze einer Nachbarin bei einer guten Gelegenheit unbemerkt ertränkt hatte, weil ihr das Tier junge Hähne, die sie verkaufen wollte, getötet hatte. Als Vergeltung für die Tötung der Katze soll die Nachbarin ein Vierteljahr später ein Schwein zauberisch geschä- digt haben. Zu den Verfehlungen, bei denen man sich die Rache des Betroffenen erwartete, zählten auch Ver- stösse gegen die Sitten und Bräuche der ländlichen Solidargemeinschaft. Als Vergeltung für die Ver- weigerung einer Hilfeleistung, die ihrer Meinung nach nicht verweigert werden konnte, sei Magda- lena Spaltin aus Ruggell mit einem Fuss auf dem Feld desjenigen herumgefahren, den sie vergeblich um Hilfe gebeten hatte. Daraufhin hätten die Mäuse seine Saat aufgefressen, während sie dieje- nige in den Nachbarfeldern nicht anrührten. Dem «Scherenfänger» gelang es damals auffallender- weise nicht, einen einzigen Schädling zu fangen. 255) Röhrich, Lexikon, Bd. 3, S. 638. 256) Röhrich, Lexikon, Bd. 1, S. 229. 51
	        

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