Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

rium.161 Mit den Schreiben an die Regierung wurde ein Prozess eingeleitet, der eine andere Wirkung als die Empörung der Stände zeitigen sollte. Bei den erwähnten fünf Untertanen handelte es sich um Maria Eberlin aus Planken, die waghalsig aus dem Gefängnis im Schloss Vaduz entwichen war, um Michael Gassner aus Triesenberg, dessen Bruder Florian noch auf dem Weg ins Gefängnis den Häschern entfliehen konnte, sowie um An- dreas Reinberger aus Vaduz, dessen Vater als Hexenmeister hingerichtet worden war und der selbst bereits in grosser Gefahr stand, eingezogen zu werden. Weiters zählten zu dieser Gruppe Adam und Sebastian Hilti aus Schaan, deren Bru- der Christian 1679 hingerichtet worden war. Davor hatte man schon die Mutter und einen Onkel ver- brannt. Anders als gegen Sebastian Hilti war gegen seinen Bruder Adam von der Obrigkeit noch nicht inquiriert worden. Nach seiner Flucht konfiszierte sie allerdings aus dessen Besitz 620 Gulden, wovon sie bis 1682 etwas über die Hälfte einziehen konn- te. Wie für den ebenfalls nicht inquirierten Michael Gassner bestand also auch für Adam Hilti ein un- mittelbares materielles Interesse, gegen 
die gröste bluethvergiessung der vadutzischen underthanen aktiv zu werden.162 Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass ausser den angeführten noch etliche weitere Perso- nen aus dem Land geflohen waren, ohne sich aber für eine Beendigung der Hexenprozesse einzuset- zen.163 Dass sich Untertanen im Konflikt mit «tyranni- schen» Obrigkeiten an den Kaiser beziehungsweise an die Reichsgerichte wandten, bildete in der Frühen Neuzeit keine aussergewöhnliche Erschei- nung. In zahlreichen anderen Fällen suchte man Unterstützung bei der «kaiserlichen Gerechtigkeit» im Konflikt mit Landesfürsten.164 
PFARRER VALENTIN VON KRISS UND DAS SCHICKSAL DER GASSNERIN Die Eingaben an die Innsbrucker Regierung bezie- hungsweise an den Kaiser führten zu keinem ab- rupten Wandel bei den gerichtlichen Hexenver- folgungen. Einschneidender wirkte zunächst die notarielle «Protestation» des Triesner Pfarrers Va- lentin von Kriss: Vor der Weiterführung der Hexen- prozesse musste nun das Schicksal der gefangenen Gassnerin geklärt werden. Und dies erwies sich als ziemlich schwierig. Dem Pfarrer gelang es nicht, wie er angekündigt hatte, den Beweis für die Unschuld der Gassnerin zu führen. Stattdessen begann er - aus der Sicht seiner Gegner 
- wider die gnädige herrschafft, daß oberambt, die gerichte, die bauren zue verhexen und nicht allein mit einer kayl. commission zuetro- hen, sondern auch mit 1000 iniurien und cavilla- tionibus [Sticheleien] umb sich zuewerffen. Das führte schliesslich so weit, dass er 
auf anhalten von seiner geistlichen obrigkeith dazu gezwungen wur- de, allerseits Abbitte und Widerruf zu 
tun, die uncosten der action abzueführen und sich 3 mo- nath von seiner pfarr in exilium zubegeben. Die Aktivitäten des Pfarrers zur Rettung der Gassnerin und die damit verbundenen Unterneh- mungen zur Beendigung der Hexenprozesse wur- den also auch von von seinen geistlichen Vor- gesetzten - dem Churer Bischof und seiner Behör- de - als Verunglimpfungen und Gehässigkeiten gewertet. Sie zwangen ihn deshalb zum Widerruf und zu einer Entschuldigung, liessen ihn die seinet- wegen angefallenen Unkosten bezahlen und be- straften ihn für seinen Einsatz zugunsten der Gass- nerin und wohl auch anderer Verfolgten mit einer dreimonatigen Verbannung aus seiner Pfarrei. Im Exil scheint Pfarrer von Kriss der Mut verlas- sen zu haben. Im April 1681 schrieb er nach Va- duz, daß er die unschuldt der Catharina Gaßnerin nicht zueverificiren begehre, auch dem notario ein solches in seinem namen zuthun nicht befohlen hete. Dies bedeutete, dass sich der Pfarrer von sei- ner «Protestation» distanzierte, die er zuvor allein zu verantworten gedachte. 28
	        

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