Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

«DER TEUFEL UND DIE HEXEN MÜSSEN AUS DEM LAND ...» / MANFRED TSCHAIKNER «gegen das verfluchte Laster der Flexerei», auf das vor allem Missernten und Viehkrankheiten zurück- geführt wurden.76 So wichtig die Darlegungen Peter Kaisers als Quelle für die liechtensteinischen Hexenverfolgun- gen geworden sind, bedürfen sie doch bezüglich der finanziellen Seite der Prozesse einer Korrektur. Kaiser schrieb: «Die Obrigkeit lieh dem schreck- lichen Treiben ihren Arm, weil sie hier Mittel fand, ihren zerrütteten Finanzen ein wenig aufzuhelfen; denn das Vermögen der Verurtheilten fiel ihr zu.»77 Da die Behörde jedoch nicht das Vermögen der Familien, sondern allein jenes der Delinquenten einzog,78 wurden mitunter schwierige Besitzerhe- bungen und -teilungen notwendig. Für die Obrig- keit war es einfacher, wenn die Familienmitglieder den zu konfiszierenden Besitz der Opfer sozusagen «auszahlten». Kaisers Darlegung, dass man es als Gnade ansehen musste, «wenn es den Erben der Hingerichteten erlaubt ward, die Confiskation des ganzen Vermögens um eine bestimmte Summe loszukaufen», verzerrt den wahren Sachverhalt. Unter der Redewendung «mit der Herrschaft ab- kommen» ist kein dubioses «Geschäft» zu verste- hen, sondern sie bedeutete einfach, dass man vor der Obrigkeit Rechnung legte und mit ihr ein Zah- lungsübereinkommen traf.79 Stark irreführend wirkt es weiters, dass Kai- ser die Gefangennahme Hans Eberles von Planken, die erst 1681 - also nach dem Ende der Hexenpro- zesse - erfolgte,80 im Zusammenhang mit den He- xenprozessen um die Jahrhundertmitte als typi- sches Beispiel für das vom Volk gewünschte Hexen- treiben anführt.81 Harald Wanger verwendet des- halb gerade das Beispiel Hans Eberles in seinem Geschichtslesebuch zur Veranschaulichung der He- xenverfolgungen insgesamt und datiert dessen Ge- fangennahme auf den November 1648.82 Während aus der Flerrschaft Schellenberg keine entsprechenden Unterlagen vorliegen, sollen sich die Einnahmen aus den Prozessen in der Graf- schaft Vaduz im Jahr 1648 auf weit über 12 000 Gulden belaufen haben.83 Wenn um 1680 von 20 Angehörigen der Pfarrei Triesen (zu der damals auch der grösste Teil der heutigen Pfarrei Triesen-berg 
gehörte) etwa 7 000 Gulden Konfiskationsgel- der bezahlt werden mussten,84 dürfte es sich bei den 14 Personen, die laut Hans Keyser 1648 hinge- richtet wurden, also eher um finanzkräftige Delin- quenten gehandelt haben. Bei den Prozessen um die Mitte des 17. Jahr- hunderts holte das Vaduzer Gericht vorschrifts- mässig Rat bei Rechtsgelehrten ein. Es erkundigte sich, ob man auf drei oder vier Denunziationen hin eine Person, gleich ob sie einen guten oder schlech- ten Leumund habe, gefangennehmen und foltern dürfe; oder ob man Personen, die von anderen bei rechtmässig durchgeführten Folterungen angege- ben worden waren, ebenfalls fangen und foltern 62) Vgl. Ospelt, Landammänner-Verzeichnis, S. 44. 63) LLA AS 1/1, fol. 2a-3a. 64) Die Herrschaft Schellenberg wurde auch Eschnerberg genannt. 65) Meng, Hans Keyser. S. 290. 66) Ebenda, S. 273. 67) LLA RA 146/21. 68) SRg, fol. 122a; Tschaikner, Feldkirch, S. 114. 69) Büchel, Pfarrei Triesen, S. 64; Feger, Pfarrbücher, S. 43. 70) Vgl. z. B. Tschaikner, «Damit das Böse ausgerottet werde», S. 57 u. 122. 71) Vgl. Ospelt, Landammänner-Verzeichnis, S. 45. 72) LLA AS 1/1, fol. 43b-44a; Seger, Hexenprozesse, S. 54, bezieht wohl diese Äußerungen auf die «Brüglerischen Prozesse». 73) Tschaikner, «Damit das Böse ausgerottet werde», S. 116-118 u. 120-122. 74) Rapp, Beschreibung, S. 690. 75) VLA HoA 76/4-12, 76/14+15.76/18 u. 97/4. 76) Welti, Entwicklung, S. 87. 77) Kaiser, Geschichte, S. 432. 78) Vgl. Tschaikner, «Damit das Böse ausgerottet werde», S. 166 f. 79) Kaiser, Geschichte, S. 432. 80) Büchel, Protokolle, S. 118 u. 141. 81) Kaiser, Geschichte, S. 437. 82) Wanger, Bilder, S. 127-129. 83) Kaiser, Geschichte, S. 432. 84) StAAug 2971, fol. 22b. 17
	        

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