Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

«DER TEUFEL UND DIE HEXEN MÜSSEN AUS DEM LAND ...» / MANFRED TSCHAIKNER Da das Geständnis durch die gefälschten Anschuldigun- gen Kaplan Hartmanns erschwindelt und von Negele schriftlich widerrufen worden war, bat Christian Hart- mann die kaiserliche Kommission, seinen Vetter wieder in vorigen ehrenstand zuesötzen und die eingezogenen Güter zurückzuerstatten. Es spricht einiges für die Vermutung Otto Segers, dass Ne- geles Verhaftung mit seinem Vermögen zusammenhing. Er war vermutlich der jüngste Verurteilte der liechtenstei- nischen Hexenprozesse um 1680.677 Von Simon Rig aus Triesen ist nur bekannt, dass er im Jünglingsalter stand. MARIA EBERLIN AUS PLANKEN, EHEFRAU THOMAS LAMPARTS (SRg, fol. 138b-143a; StAAug 2969, fol. 37a; StAAug 2971, fol. 26a-31b; Welz 1, S. 49 f. [hier ist sie versehentlich als Maria Lampartin angeführt]; Welz 5, S. 2) Die Eberlin 
soll ganz verschreit gewesen sein, unter ande- rem auch deshalb, weil ihr Grossvater und die Schwester ihrer Mutter verbrannt worden waren. Über Maria Eberlin wurde am 13. Juli 1677 eine Inquisi- tion vorgenommen. Dabei soll der erste Zeuge, Ulrich Ne- gele, Georgs Sohn, von Planken, über bestimmte Vorfälle nur vom Hörensagen ausgesagt haben. Unter anderem wurde eine verwegne und wider gnädige herrschafft stachlichte alß verdächtige rede angeführt. Der zweite Zeuge, Christian Negele, Klausen Sohn, erklärte, dass die Eberlin im Frühling 1677 sein einjähriges Kind auf dem Schoss gehalten und mit ihm gescherzt habe. Am näch- sten Tag sei 
diesem auf der rechten seilhen die rüple ganz eingetruckt und das brüstle hoch gewesen, das es in 6 wochen hernach verstarb. Wie Christian Negele wusste auch der dritte Zeuge, Ulrich Negele, Hansen Sohn, von Planken, noch viel vom Hörensagen über die Eberlin zu berichten, unter anderem 
von verhexungen deß rühr-kü- bels. Im Gutachten vom März 1679 lehnte es Dr. Welz ab, den Vorfall mit dem verstorbenen Kind als magische Schädi- gung einzustufen. Aufgrund der anderen beiden Vorwürfe sprach er sich jedoch für eine Gefangennahme und Befra- gung der Eberlin aus. Am 19. März 1680 wurden weitere Zeugen über die Eber- lin einvernommen. Dabei belastete sie Thomas Beck von Planken unter anderem mit dem Vorwurf, dass er wegen ihr manchmal nicht schmalzen konnte. Ursula Negelin, die mit der Eberlin in Streit lebte, erklärte, diese habe ihren Vater beschuldigt, das Trinkwasser verunreinigt zu haben. Die Eberlin hätte auch verlauten 
lassen, es mües-sen 
des Martin Fromolts undt anderer leüth gaiß darauf gehen. Tatsächlich seien der Negelin daraufhin vier Stück verreckt. Maria Eberlin wurde am 19. November 1680 gefangen- genommen. Da sie gütlich nichts gestand, wurde 
sie also gleich an die Folter geschlagen. Beim folgenden Bekennt- nis der Hexerei gab sie an, nicht mit einem Stecken, son- dern mit einer Gabel geflogen zu sein und nur sich selbst Vieh geschädigt zu 
haben, weillen sye andern leüthen nit habe schaden kündten. Im Rechtsgutachten vom 28. November 1680 stellte Dr. Welz fest, dass die Eberlin vor Gericht 
bereits ihre unta- then und zauberey gestanden und folglichen denjenigen lohn zu erwarthen hat, welchen ihre bekennende untha- ten verdienen. Der Eberlin gelang es aber, während des Verfahrens aus dem Schloss Vaduz zu flüchten. (Otto Se- ger blieb diese Tatsache unbekannt. Er glaubte vielmehr, man hätte sie nicht verurteilen können, weil sie keinen Schadenzauber ausser solchen am eigenen Besitz gestan- den habe.678 Wie etwa das Beispiel Michel Keckhlins aus Hohenems/Reute vom Jahr 1623 zeigt,67'1 hätte sie deswe- gen übrigens ohne weiteres hingerichtet werden können.) Laut einer Eingabe der Eberlin aus dem Jahr 1682 an die kaiserliche Kommission war sie bei ihrer Flucht zunächst durch ein Ofenloch gekrochen und durch andere Räume in den Dachstuhl des Schlosses gelangt. Nachdem sie einige Ziegel weggeräumt hatte, kletterte sie vom Dach an einigen zusammengebundenen Leintüchern, die sie mitgenommen hatte, die Mauern hinab und gelangte so in die Freiheit. Sie begab sich nach Feldkirch und liess den dort an- sässigen kaiserlichen Notar Johann Conrad Haim zu ihrer ehren defendierung am 4. Dezember 1680 
eine revoca- tion, protestation, contradiction, provocation und reser- vation verfassen und am nächsten Tag dem Vaduzer Landvogt sowie seinen Beamten zustellen.680 Wie bereits dargelegt wurde, gab sie damit den ersten bekannten An- stoss zur Beendigung der liechtensteinischen Hexenpro- zesse. Nachdem ihr und anderen Flüchtlingen vom Kaiser das freie Geleit zugesichert worden war, begab sie sich zu ihren Verwandten in der Herrschaft Schellenberg und 675) SRg, fol. 160b. 676) Vgl. dazu Schild, Geschichte der Gerichtsbarkeit, S. 66. 677) Seger, Hexenprozesse, S. 96. 678) Ebenda, S. 71 u. 98. 679) Tschaikner, «Damit das Böse ausgerottet werde», S. 104 f. 680) StAAug 2971, fol. 26a. 181
	        

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