Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (96)

Romaricus Brügler von Herkelsberg25 als Landvogt bezeugt.26 Nach dessen Flucht scheint im August dieses Jahres wieder Johann Christoph Köberle - wohl interimistisch - in dieser Funktion auf.27 Vom folgenden Monat an bis zum Ende der Hexenpro- zesse wirkte daraufhin Andreas Joseph Walser als Landvogt.28 Zwischen September 1679 und Mai 1680 wurde der Landschreiber Baumgartner durch Franz Karl Kurz abgelöst.29 1684 fungierte übrigens Johann Christoph Köberle neuerlich als Landvogt, Franz Karl Kurz war noch Landschrei- ber.30 1685/86 gerieten beide wegen ihrer Amts- führung in Schwierigkeiten.31 WIRTSCHAFTLICHE RAHMENREDINGUNGEN Die (bislang bekannten) Hexenprozesse in Vaduz fanden gerade in jenen Zeiten statt, als im deut- schen Raum allgemein Häufungen der Hexenver- folgungen festzustellen waren.32 Sie decken sich auffällig mit den Krisenzeiten, die Peter Kaiser in seiner «Geschichte des Fürstenthums Liechten- stein» anführt.33 So folgten die Hexenverfolgungen der frühen dreissiger Jahre auf eine Zeit schwerer wirtschaftlicher Not. Dem Landesherrn, Graf Kas- par von Hohenems, kam 1628 rückblickend als das schlechteste Jahr vor, das er je erlebt hatte. 1629 dachte er sogar daran, Vaduz an den Abt von Wein- garten oder an jenen von St. Gallen zu verkaufen.34 Damals wütete im Land die Pest; die Bewohner lit- ten zusätzlich unter dem Kriegsvolk. Aufgrund der häufigen Truppendurchzüge in den folgenden Jah- ren konnte sich das Land kaum erholen. Die allge- meine Not und die Einquartierungen von Soldaten dauerten an. Dazu kamen klimatische Unbilden. 1630 fiel noch zu Pfingsten so viel Schnee, dass Re- ben und Bäume unter der Last brachen. Man er- wartete ein schlechtes Jahr. «1634 war große Theuerung.»35 Genau in diesen beiden Jahren fan- den gerichtliche Hexenverfolgungen statt. Die Prozess-Serie in der Mitte des 17. Jahrhun- derts hatte einen ähnlichen Hintergrund: «Die Landschaften Vaduz und Schellenberg waren gänz- lich verarmt: die lezten Jahre waren wenig ergiebig 
gewesen und brachten kaum das zum kümmerli- chen Unterhalt Nothwendige. Der Schwedenüber- fall vollendete das Elend.» 1647 waren die schwe- dischen Truppen bis nach Liechtenstein vorge- drungen und hatten eine Brandschatzung von 8 000 Talern erpresst, eine schwere Last für das ausgemergelte Land.36 Im folgenden Jahr publizier- te der Bischof von Chur ein Mandat wegen der Tür- kengefahr. «Eine mehrtägige Andacht mit Ausstel- lung des Hochwürdigsten, mit Prozessionen, Fa- sten und Almosen an die Armen, ward angeordnet. Zur Vertheidigung des Glaubens, Ausrottung der Ketzerei, Eintracht der christlichen Völker und Fürsten solle eifrig gebetet werden und wer dies thue, erhalte Ablaß, wie an einem Jubeljahr.»37 Die erlebten Übel - dazu zählte auch die grosse Unge- zieferplage, die durch Felder-Benediktionen nicht wirksam bekämpft werden konnte - wurden auf den Zorn Gottes zurückgeführt. Der Klerus deutete die bedrohlichen Zeichen der Zeit und rief zur Um- kehr, zu Fasten und Busse auf. Der Kampf gegen das Böse musste verschärft werden.38 Besonders drückend waren die stets steigenden finanziellen Belastungen der Untertanen durch die Obrigkeit. Sie waren bald nicht mehr in den Griff zu bekommen und führten schliesslich zum Zusam- menbruch der hohenemsischen Herrschaft. 1577 leisteten die Stände der Landschaften Vaduz, Schellenberg und Blumenegg, das ebenfalls zum Herrschaftsbereich der Herren von Sulz gehörte, aufgrund der drohenden Türkengefahr zum ersten Mal einen Beitrag zu den Reichskosten, und zwar für sechs Jahre. 1584 forderte die Obrigkeit erneut eine solche Sondersteuer. Aus den ursprünglich freiwilligen Beiträgen zu den Reichsanlagen ent- wickelte sich zusehends eine reguläre Abgabe. Man einigte sich schliesslich auf bestimmte feststehende Zahlungen unter der Bedingung, dass die Unterta- nen dafür zu keinen weiteren Ausgaben im Zusam- menhang mit den Reichs- oder Kriegslasten heran- gezogen werden durften.39 Mit diesen ausgehandelten Zuwendungen fan- den die Landesherren bald kein Auslangen mehr. Nachdem die Landschaften immer wieder, aller- dings stets unter Wahrung der Rechte, freiwillige 10
	        

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