Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

Kriegsendes fallen würden. Die Roverabteilung der Pfadfinder rief in der Märznummer 1945 ihrer Zeitschrift «Die Jugend» dazu auf, nur Männer, gleich welcher Partei, zu wählen, welche in schwerster Zeit «für Gott, Fürst und Vaterland» eingestanden seien, nicht aber «ehemalige Faschi- sten und Faschistenfreunde», auch nicht die einst «Zweideutigen», «Wankelmütigen».51 Ebenso äus- serte sich das Liechtensteiner Volksblatt in den Ta- gen vor der Wahl.52 Der Wahlkampf verlief wegen der Zeitumstände sehr ruhig.53 Im Wahlergebnis bestätigte sich das damalige Stärkeverhältnis: Die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) gewann mit 54,7 Prozent der Stimmen acht Mandate, die Vaterländische Union mit 45,3 Pro- zent sieben Mandate. Im Nachkriegslandtag sassen nur noch sechs Abgeordnete des Kriegslandtages, neun Köpfe waren neu. Landtagspräsident wurde Bürgermeister David Strub. Nicht mehr kandidiert hatten Pfarrer Anton Frommelt (FBP), der den Landtag seit 1928 präsidiert hatte, und Dr. Otto Schaedler, der VU-Präsident.54 Für den Verzicht nannte Frommelt gesundheitliche, Schaedler be- rufliche Gründe.55 Am 1. Mai fanden Bittprozessionen statt. Kaum sass man nach der Kirche in der Wirtschaft, er- schienen französische Jagdflieger über dem Tal. Die Bittgänger mussten grüppchenweise heimwall- fahren. Die Flieger drehten ins Vorarlbergische ab.56 Bei Dornbirn hatte es tags zuvor unter den herauf- marschierenden Holmston-Russen noch einen To- ten bei Fliegerangriffen gegeben.57 An diesem 1. Mai kamen die ersten neun Insas- sen aus dem KZ Dachau in Schaanwald an, in grün und blau gestreiften Anzügen, in schrecklicher physischer und psychischer Verfassung.58 Darauf rief ein Deutscher im Lande, der sich gegen die Nationalsozialisten gestellt hatte und vom Reich ausgebürgert worden war, einen deutschen NSDAP- Funktionär in Vaduz an, er solle doch mit der ganzen deutschen Kolonie zur Grenze marschie- ren, da sähen sie, was der Nationalsozialismus angerichtet habe. Der Funktionär beschwerte sich prompt bei der Regierung, die den Anrufer noch zur Rechtfertigung vorlud.59 62
	        

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