Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

DER WEG DER LIECHTENSTEIN-GALERIE VON WIEN NACH VADUZ / GUSTAV WILHELM waren. Gegen diese Überführung verwahrte ich mich ausdrücklich dem Denkmalamt gegenüber. Meine Absicht war, diese Bestände doch noch nach der Reichenau bringen zu können, und ich drang in Dr. Steegmann, diese Bewilligung, der sich Wien mit aller Macht widersetzte, so rasch als möglich zu beschaffen. Der wieder konnte eben auch nicht zaubern, und bei dem allgemeinen Zerfall [des deutschen Reiches], der damals besonders in Ber- lin bereits fühlbar war, ging alles riesig langsam. Der Aufenthalt in Vaduz war ein reiner Genuss (denn hier herrschte Frieden, in Österreich dage- gen Krieg), die Reise allerdings weniger. Unterwegs gab es immer die üblichen Aufenthalte bei Flieger- angriffen, dann fortwährendes Umsteigen und lan- ge Wanderungen über zerstörte Teile des Schienen- stranges. In Vaduz war ich mit der Deponierung des Bergungsgutes beschäftigt und mit dem Aus- bau weiterer Depots. Ende Jänner 1945 fuhr ich wieder nach Wien, um nun das in Moosham deponierte Kunstgut nach Liechtenstein zu bringen. In Wien hielt ich mich nur vorübergehend auf, auch daheim in Nieder- österreich durfte ich mich bei Tageslicht nicht mehr zeigen, weil man mich schon zum Volkssturm einberufen hatte. Bei einer Verhaftung durch deut- sche Behörden, für die ich als Deserteur galt, hätte mir aller Wahrscheinlichkeit nach die standes- rechtliche Erschiessung gedroht. Daher war der abgelegene Ort Moosham ein angenehmer Aufent- halt. In Wien war schon alles derart schwierig und desorganisiert, dass jede Arbeit bald unmöglich wurde. Am 25. Jänner kam ein Telegramm aus Vaduz, dass die von mir in Mauterndorf benötigten Wag- gons abgegangen wären. Da Zivilpersonen nur mehr mit besonderer Genehmigung reisen durften, musste die Kabinettskanzlei für mich und Schmöl- lerl um eine derartige Bewilligung ansuchen. Dies wurde erst einmal am 26. Jänner abgelehnt, ich suchte dann die Reise mit Auto durchzuführen, was sich auch nicht machen liess, schliesslich bekamen wir doch noch eine Bewilligung für die Eisenbahn und fuhren am Montag, den 29. Jänner, ab. Mit uns fuhren Flans Lechner von der Speditionsfirma und 
zwei Packer. In Unzmarkt fanden wir schon vier Schweizer Möbelwagen auf Schweizer Loren ver- laden vor, die Möbelwagen wurden eben auf die Loren der Schmalspurbahn umgeladen. Diese Fahrt und der Aufenthalt in Mauterndorf wird mir deshalb stets in Erinnerung bleiben, weil damals alles passierte, was sich unserem Unter- nehmen nur entgegenstellen konnte. Ich habe nie mehr eine derartige Anhäufung von Widrigkeiten und Hindernissen erlebt wie bei dieser Expedition. Schon in Unzmarkt teilte mir der Bahnhofvorstand mit, er könne die Schweizer Loren, aufweichen die Möbelwagen gekommen waren, nicht stehen las- sen, bis die beladenen Möbelwagen aus Mautern- dorf wieder zurück nach Unzmarkt kämen, da dies verboten sei. Für mich hiess das, wenn meine Mö- belwagen beladen in Unzmarkt einträfen, stünden dort keine Loren für den Weitertransport zur Verfü- gung und das Bergungsgut käme in Gefahr, bom- bardiert zu werden. (Gerade am Vortag war der Bahnhof von Unzmarkt von Tieffliegern stark be- schossen worden.) Ich stellte dem Bahnhofvor- stand dies alles vor und erreichte schliesslich, dass er mir versprach, das Möglichste zu tun, dass im- mer eine Lore für mich bereitstehen sollte. Ich muss auch sagen, dass er seine Zusage immer brav gehalten hat und ich diesbezüglich keine weiteren Schwierigkeiten hatte. Spät abends kamen wir in Mauterndorf an, und am nächsten Vormittag verging viel Zeit mit ver- schiedenen Telefonaten. Das Zollamt in Judenburg musste erst die Schweizer Waggons freigeben, ich ersuchte um Beistellung eines Zöllners, der die be- ladenen Möbelwagen gleich plombieren könne. Die Reichsbahndirektion in Villach teilte mir mit, dass sie mir meine Schweizer Loren, gleich nachdem die Möbelwagen auf die Schmalspurbahn umgeladen wären, wegnehmen müsse. Ausserdem machte man mich darauf aufmerksam, dass ich diese Wa- gen nicht nach dem Ausland aufgeben könne, weil eine allgemeine Auslandsperre bestehe. Ich könne sie aber auch nicht nach Feldkirch aufgeben, weil dazu eine besondere Bewilligung, die ich nicht hät- te, nötig sei. Das alles zusammengenommen be- deutete, dass ich in Mauterndorf überhaupt nichts 31
	        

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