REZENSIONEN / DAS RÖMISCHE GRÄBERFELD VON BREGENZ - BRIGANTIUM hen, dass Tierkopfarmringe im gesamten romani- schen Gebiet während des 4. und 5. Jahrhunderts verbreitet sind. Neben Metallarmringen enthält das Bregenzer Fundgut etliche Beinarmringe. Armrin- ge aus Pseudogagat oder Sapropelit kommen meist paarweise vor und weisen aufgrund ihrer geringen Grösse wohl auf Kinderbestattungen der zweiten Hälfte des 3. und das erste Drittel des 4. Jahrhun- derts hin. Von grosser Bedeutung für das Leben nach dem Tode war in der Antike die Beigabe von Trink- und Essgeschirr. Michaela Konrad gelingt es, aus den verschiedenen Geschirrkombinationen Trinkservi- ces von Speiseservices zu unterscheiden. Ausser- dem beobachtet sie das häufigere Vorkommen von Trinkservices in Frauengräbern. Vielleicht deutet dieser Umstand auf die Aufgabe der Herrin des Hauses hin, Gäste mit dem Willkommenstrunk zu begrüssen. Aus dem breiten Spektrum dieser Fundgruppen sind die Gruppe der Terra-Sigillata- Gefässe und der Lavez-Gefässe herausgegriffen. Bei der Gefässkeramik ist es vor allem die Terra Sigillata, die bei der Datierung helfen kann. Als «Leitfossil» spätrömischer Zeit gilt die sogenannte Argonnensigillata, die in Form von rädchenverzier- ten Schüsseln und verschiedenen «glatten» - also unverzierten - Tellern, Schälchen, Bechern und Krügen in den Töpfereien des Argonnengebiets (heute Frankreich) produziert worden ist. Über 50 komplette Gefässe sind im Gräberfeld gefunden worden. Dass alle diese Gefässe aus dem Argon- nengebiet stammen, ist aber durch ihre unter- schiedliche Qualität recht zweifelhaft. Die Autorin versucht, diese Keramik in fünf Qualitätsgruppen je nach der Zusammensetzung, der Härte und Farbe des Tons und nach der Beschaffenheit des Über- zugs aufzugliedern. Den weicheren Ton und die schlecht haftende Engobe verschiedener Gefässe deutet sie als typisches Merkmal der spätrömi- schen Produktionsphase von Rheinzabern, die der- zeit von etwa 260 bis 350 n.Chr. datiert wird. Die eigentliche Argonnensigillata hingegen wird durch einen hart gebrannten Scherben mit gut haftender Engobe und kräftig oranger Farbe charakterisiert. Ausserdem scheint er erst ab dem ersten Drittel
des 4. Jahrhunderts in Bregenz vorzukommen. Lavezgeschirr gehört ebenfalls zu den häufigeren Funden in der Bregenzer Nekropole. Es wurde in erster Linie als Kochgeschirr verwendet, wie noch vorhandene Russspuren zeigen. Diese Art der Ver- wendung macht die Autorin auch für Becher aus Lavez, die bisweilen als Trinkgeschirr bezeichnet worden sind, geltend. Auf die Auswertung der verschiedenen Fund- gruppen baut Michaela Konrad nun die «Gräber- feldanalyse», auf. Zunächst erstellt die Autorin eine absolute Chronologie des Gräberfeldes. Die chrono- logisch relevanten Grabfunde werden in je einer Kombinationstabelle für Männer- und Frauengrä- ber zusammengestellt. Aus dem Hinzutreten, be- ziehungsweise aus dem Verschwinden bestimmter Fundgruppen, ergeben sich die charakteristischen Merkmale einzelner Zeitphasen. Auf diese Weise erarbeitet sie acht Zeitphasen zwischen 200 und 430 n. Chr. Die einzelnen Gräber werden diesen nun zugeordnet. Die beigabenlosen Gräber, die 54 Prozent der Körperbestattungen in Bregenz aus- machen, datiert Konrad aufgrund ihrer Lagebezie- hungen zu den datierbaren beigabenführenden Gräbern. Die Beobachtung der Graborientierungen zeigt, dass die Grabausrichtung keinen zuverläs- sigen Hinweis zur Datierung der Gräber erbringt. Durch weitere Kombinationstabellen können die Charakteristika der Grabinventare der jeweiligen Zeitphasen erarbeitet werden. Dadurch lässt sich dann der Wandel der Beigabensitte im Laufe der Zeit feststellen. Durch die Zusammenfassung aller bisherigen Einzelergebnisse gelangt Michaela Konrad zu fol- genden Antworten auf die eingangs gestellten Fra- gen: Das Bregenzer Gräberfeld weist innerhalb des untersuchten Zeitraums vom 3. bis in die Mitte des 5. Jahrhunderts eine kontinuierliche Belegung auf. Im 3. Jahrhundert löste die Körperbestattung die früher übliche Brandbestattung allmählich ab. Die Belegung der Nekropole erfolgte in Grabgruppen, die Rücksicht auf die älteren Brandgräber nahmen. Bis über die Mitte des 4. Jahrhunderts hinaus blie- ben die Brandgräber von den Nachfolgebestattun- gen unangetastet. Erst dann wurden die inzwi- 281