Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

2.4.8. ZUSAMMENFASSUNG Grundsätzlich wird der Sprachgebrauch durch die mediale Diglossie bestimmt. Man spricht Mundart und schreibt Hochdeutsch und dies ohne Ansehen von Schicht, Bildung, Stellung im Beruf oder ande- ren Rededeterminanten. Ausnahmen sind auf be- stimmte Domänen beschränkt. Diese dürfen nicht so gross gehalten werden wie bei Fishman. Bereits zu Beginn dieses Kapitels waren wir uns bewusst, dass hier zu differenzieren ist. Der Sprachgebrauch in den verschiedenen Domänen muss für jede Sprachgemeinschaft neu eruiert werden. Domänen des Hochdeutschen - Kirche, Bildungswesen und Gerichte - lassen sich nur bedingt als Konglomerat von Einstellungen, Funktionen und Situationen zu- sammenfassen. Auch hier gibt es immer wieder Anlässe, in denen die Mundart als verbales Kom- munikationsmittel gebraucht wird, wie es auch in den postulierten Mundartdomänen immer wieder Hochdeutschnischen gibt. Hier wird überwiegend Hochdeutsch gesprochen: - allgemein im Umgang mit Sprechern, die die Mundart nicht verstehen - in Geschäftsgesprächen mit Hochdeutschspre- chenden - in öffentlichen Reden und Vorträgen vor einem Publikum, das nicht zur Gänze aus Zuhörern be- steht, die die Mundart verstehen - in kirchlichen Messfeiern (ausser Jugendmess- feiern), teilweise bei Taufen und Hochzeiten - im Landtag - in Vorträgen und Referaten vor Gericht - vor Gericht, wenn alle Parteien des Hochdeut- schen aktiv und passiv mächtig sind, auch wenn die Kommunikatoren native Mundartsprecher sind - allgemein in kursorischen Fächern in der Schule (vgl. S. 163-166) - in bestimmten Sprechsituationen in der Schule - in öffentlichen Reden an besonders feierlichen Anlässen oder in prestigebeladenen Situationen - im Fürstenhaus 
Hier wird überwiegend Mundart gesprochen: - allgemein in persönlichen, familiären, nicht öf- fentlichen Sprechsituationen - allgemein im Umgang mit Sprechern, die die Mundart verstehen - allgemein in musischen Fächern in der Schule - in Geschäftsgesprächen mit Mundartsprechen- den - in öffentlichen Reden und Vorträge vor einem Publikum, das zur Gänze aus Zuhörern besteht, die die Mundart verstehen sowie wenn der Cha- rakter der Veranstaltung familiär und freund- schaftlich ist - vor Gericht, wenn eine Partei starke Schwierig- keiten hat, sich in Hochdeutsch auszudrücken - in Gemeindeparlamenten - bei Jugendmessen, teilweise bei Taufen, Hoch- zeiten - in Familien, in der Freizeit, in Vereinen - allgemein in Geschäftsgesprächen, wenn alle Gesprächspartner die Mundart verstehen - allgemein bei der Arbeit, wenn aUe Gesprächs- partner die Mundart verstehen 2.4.9. VERGLEICHE ZUR SCHWEIZ UND ZU ÖSTERREICH Ein Vergleich der Sprachlandschaft Liechtensteins mit derjenigen der Schweiz beruht auf einer Gegen- überstellung der vorangehenden Ergebnisse mit den Resultaten in Schwarzenbachs «Die Stellung der Mundart in der deutschsprachigen Schweiz» (1969). Österreich und Liechtenstein vergleichen wir auf Grund der Arbeit von Wiesinger «Das Schweizer- deutsche aus österreichischer Sicht» (1986). In Österreich findet sich generell Polyglossie, «... wobei man durchschnittlich an einem Ort von vier Sprachschichten und bei jedem Sprecher von der mehr oder minder gekonnten Beherrschung dieser Sprachschichten ausgehen kann. Obwohl der Sprachwissenschaftler die einzelnen sprach- lichen Erscheinungsformen klassifizieren und zu- ordnen kann und es durchschnittliche, vom Ge- 174
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.