Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

Liechtenstein. In Österreich findet sich generell Po- lyglossie, wobei man nach Wiesinger (1986, S. 106) an einem Ort mehrere Sprachschichten antrifft, die von den einzelnen Mitgliedern unterschiedlich gut beherrscht werden. Dies sind unter anderem die Basismundart, eine Umgangssprache oder ein Ver- kehrsdialekt und das Standarddeutsch, wobei die beiden letzteren in Österreich ein hohes Prestige geniessen und dementsprechend als soziale Kenn- zeichnung ein besonderes Gewicht bekommen und sprachsoziologisch gesehen Ausdruck für Elite und Stand sind. Einige in Liechtenstein tätige Richter entstammen diesem dreistufigen Sprachsystem und entsprechen diesem bei ihrer Arbeit. Dies trifft in beschränktem Mass auch auf einige Liechten- steiner zu, die ihre juristische Ausbildung in Öster- reich absolvierten. Am Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft, den einzigen ständigen Gerichtsinstitutionen des Landes, arbeiten neun Richter mit ungefähr 35 Mit- arbeitern. Zirka 80 Prozent sprechen den Liechten- steiner Dialekt und 20 Prozent eine fremde Mund- art. Die Sprache unter den Mitarbeitern ist haupt- sächlich der Dialekt des Landes. Es gibt keine Mit- arbeiter, die den Dialekt nicht verstehen. Es gibt kaum Situationen, in denen unter den Mitarbeitern Hochdeutsch gesprochen wird. Vor Gericht ist bei der Einvernahme der Par- teien Hochdeutsch vorherrschend. Im persönlichen Parteienverkehr wird hauptsächlich die Mundart gebraucht. Ausserdem wird der Dialekt in öffent- lichen Verhandlungen gebraucht, wenn alle Partei- en Mundart sprechen. Sie wird dort eingesetzt, wo Personen vernommen werden, die sich gewohnt sind, Mundart zu sprechen und grosse Mühe ha- ben, sich in Hochdeutsch auszudrücken. Auch die sachbezogene Diskussion kann in Mundart geführt werden, wenn vorauszusetzen ist, dass sämtliche Mitglieder die Mundart mindestens passiv beherr- schen. An allen Gerichten werden die Referate, Plädo- yers und Urteile in Standarddeutsch vom Manu- skript abgelesen. Llochdeutsch wird ausserdem im persönlichen und telefonischen Parteienverkehr benutzt, wenn sich die Partei des Hochdeutschen 
bedient. Weil für die Domäne Gericht nur sehr we- nige Fragebögen versandt wurden, erübrigt sich eine Darstellung in Tabellenform. 2.4.2. PARLAMENTE UND VERWALTUNG Folgende Bereiche werden unterschieden.- a) Die Landesverwaltung mit den Ämtern und Dienststellen, der Landtag (Parlament auf Landes- ebene), die Regierung mit den Stabsstellen. Die Landesverwaltung zählt 37 Ämter und Dienststellen. Die Amtsvorstände und Dienststel- lenleiter sind liechtensteinische Staatsbürger. In die Umfrage wurden ungefähr 340 Mitarbeiter mit- einbezogen. Die Fragebogen wurden jeweils vom Amtsvorstand oder vom Dienststellenleiter stellver- tretend für sein Amt ausgefüllt. b) Die Gemeindeverwaltungen mit den Gemein- deräten (Parlament auf Gemeindeebene) und Vor- stehern (in Vaduz: Bürgermeister). Die elf Gemeindeverwaltungen werden durch voll- oder nebenamtliche Vorsteher geleitet. In den vergangenen Jahren haben diese Administrationen auf Grund der gestiegenen Anforderungen perso- nell stark expandiert. Ist beispielsweise die Ge- meinde Triesen noch in den fünfziger Jahren mit einem nebenamtlichen Vorsteher und einem voll- amtlichen Kassier ausgekommen, so sind heute allein im Gemeindesekretariat und in der Ge- meindekasse bis zu zehn Personen beschäftigt. In die Umfrage wurden ungefähr 400 Mitarbeiter mit- einbezogen. Die Fragebogen wurden jeweils vom Vorsteher stellvertretend für seine Gemeindever- waltung ausgefüllt. Im mündlichen Gebrauch wird Hochdeutsch nur eingesetzt, wenn verschiedene Determinanten dies verlangen, sei dies nun im Kontakt mit einem Ge- sprächspartner, der die Mundart Liechtensteins nicht versteht, oder im Kontakt mit Fremdsprachi- gen. Das Standarddeutsch wird im Schriftverkehr oder mündlich gebraucht, wenn Personen anwe- send sind, die die Mundart nicht verstehen, bei Be- suchen im Ausland, allgemein im Verkehr mit Aus-' 160
	        

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