Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN ROMAN BANZER mischen Wörtern wie in Neologismen. Auf diese Weise ergab sich schliesslich eine Liste von 53 «va- riationsverdächtigen» Lautungen. Auf der dritten Stufe galt es nun, die tatsächliche Variation zu erheben. Dazu musste Banzer auf einer neuen Erhebungsreise seine Variablenliste in allen Gemeinden des Fürstentums bei je vier jun- gem Personen mit unterschiedlichem Beruf abfra- gen. Aufgrund dieses Materials nun kann die heu- tige Variation in den Mundarten Liechtensteins, da- mit aber auch ihr «Veränderungspotential» darge- stellt werden. Dass Variation besteht, wird erwartungsgemäss bestätigt. Sprachtheoretisch wichtig ist das Ergeb- nis, dass mundartfremde Lautungen vor allem in Wörtern vorkommen, die aus der Standardsprache importiert sind und die jenen Lautungen sozusagen als «Trojanisches Pferd» dienen. Sprachgeogra- phisch wichtig ist das Ergebnis, dass sich Mundart- ausgleich in Liechtenstein nur in einer Richtung abspielt: Das Unterland gleicht sich an das Ober- land an. Sprachsoziologisch wichtig ist das uner- wartete Ergebnis, dass sich zumindest aufgrund dieser Stichprobe kein Unterschied im Sprachver- halten von Pendlern und Nichtpendlern, von ma- nuell Tätigen und nichtmanuell Tätigen erweisen lässt. Liechtensteinische Mundartsprecher schei- nen über verschiedene Normen zu verfügen und genau zu wissen, wie «echte Mundart» beschaffen ist und wann man sie brauchen muss, wie «weit- läufigere Mundart» beschaffen ist und wo man sie zu sprechen hat. Der fernerstehende Dialektologe wird sich vor al- lem für die allgemeineren Ergebnisse von Roman Banzers Untersuchung interessieren. Für die Liech- tensteiner selber kann die Arbeit als Bestandesauf- nahme der Lautverhältnisse in den Mundarten Liechtensteins am Ende dieses Jahrhunderts die- nen, wobei sie nicht nur eine «bodenständige» Schicht, sondern auch eine neuere, variierende, fluktuierende Schicht einzufangen sucht. Wenn man sich erst an die abstrakte Darstellung gewohnt hat, in der Tabellen eine grosse Rolle spielen, wird man diese Arbeit auch als praktisches Nachschlagewerk schätzen lernen. 
Einfach macht es einem Roman Banzer nicht. Aber er hat es auch sich selber nicht einfach ge- macht. Freiburg, im Frühling 1997 Prof. Dr. Walter Haas 147
	        

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