Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1998) (95)

nahelegten, mich den staatlichen Bergungsmas- snahmen anzuschliessen. Es mag hier die Frage auftauchen, wie weit dieses Angebot ehrlich ge- meint war und wie weit etwa damals schon die Ab- sicht mitspielte, sich auf billige Art und Weise des ganzen Komplexes der Liechtenstein-Galerie sei- tens des Deutschen Reiches zu versichern. Diese letztere Absicht war in den Jahren des Krieges ganz deutlich sichtbar aufgetaucht, ich war aber überzeugt, dass das Angebot des Kunsthistorischen Museums vom 18. September 1940 auf völlig loya- ler und kollegialer Basis erfolgte. Der Plan, Feldsberg als Depot auszubauen, wur- de zunichte, als am 20. September 1940 alle Par- terreräume des Schlosses vom deutschen Militär beschlagnahmt wurden. Damit war das ganze Schloss und dessen weitere Umgebung für Sicher- heitsmassnahmen unbrauchbar geworden und der Fürst teilte mir am 9. Oktober mit, dass er mit mei- nem seinerzeitigen Vorschlag, Wartenstein in Niederösterreich als Depot auszubauen, einver- standen sei. So fuhr ich am 29. November dorthin, wir untersuchten das Schloss und stellten fest, dass Dr. Fritz Dworschak (1890-1974) Ludwig Baldass (1887-1963) 
die gut gewölbten und auch heizbaren Parterreräu- me des rechten Schlosstraktes als Bilderdepots brauchbar wären. Um das wichtige Inventar der Schlösser Feldsberg und Eisgrub zu schützen, hatte Architekt Förster19 in Feldsberg unter der Schloss- kirche bereits einen grossen Keller mit sicherer Decke ausbauen lassen, ferner über dem Kupfer- stichkabinett, das sich im zweiten Stock des Schlos- ses befand, eine Eisenbetondecke einziehen lassen. In Eisgrub wurde ein geräumiger Keller ausgebaut. Der Transport der Wiener Bestände nach War- tenstein unterblieb in der Folgezeit, da der Fürst am 19. Dezember meinte, man solle die ganze Ber- gung bis zum kommenden Frühjahr verschieben. Auch Dr. Bruno Grimschitz20, mit dem ich die ganze Frage am 9. Jänner 1941 besprach, war dieser An- sicht. Immerhin galt es, nun schon alles vorzube- reiten, damit bei Eintritt einer wärmeren Jahres- zeit gleich mit den Transporten begonnen werden könnte. Zu diesem Zweck interessierten mich natürlich die Bergungsmassnahmen der staat- lichen Sammlungen, und ich erhielt durch das Ent- gegenkommen von Dr. Fritz Dworschak, dem Di- rektor dieser Sammlungen auch die Bewilligung, die staatlichen Depots, die streng geheim verwaltet wurden, zu besichtigen. Am 29. Jänner fuhr ich mit Fritz Dworschak nach Gaming in Niederösterreich, um das ehemali- ge Kartäuserkloster, welches als grosses Depot aus- gebaut worden war,21 zu sehen. Die weiten Räume des Klosters, Prälatur, Refektorium und die grosse Kirche standen für die Bilder des Kunsthistori- schen Museums zur Verfügung.22 Es war eine Zen- tralheizungsanlage eingebaut worden, ebenso Vor- richtungen für die Luftbefeuchtung. Ein eigenes Büro mit einem ständig dort wohnenden wissen- schaftlichen Beamten (Dr. Karl Pollhammer23) und einer Kanzleikraft war im Kloster stationiert, und eine bewaffnete Wache sorgte für die Sicherheit (dies, weil man sich damals sehr vor Sabotageak- ten fürchtete). Am nächsten Tag fuhren wir weiter ybbsauf- wärts über den Lunzer See hinaus und dann süd- lich nach Steinbach, einem enteigneten Besitz des Barons Rothschild, wo nicht nur dessen schöne Bil- 10
	        

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