Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

Ergebnisse In der Literatur zur Triesenberger Mundart werden keine konkreten Angaben zum Sprachwandel ge- macht. Eugen Gabriel interessiert vorrangig die Be- schreibung der typischen Phänomene gemäss Ba- sismundart, er sagt also nichts darüber, welche Merkmale sich wie verändern. Laut Arthur Gassner begann nach dem Zweiten Weltkrieg die Verfla- chung der Triesenberger Walsermundart und An- passung an die Talmundart. Als Gründe nennt er die Zunahme von Ausländerinnen im Dorf durch Heirat, die Industrialisierung, welche bewirkte, dass immer mehr Triesenberger/innen im Tal zur Arbeit gehen, die Förderung des Fremdenverkehrs und den Umstand, dass kaum mehr Triesenberger Lehrer an der Schule unterrichten. «So kommt es, dass unsere Kinder von frühester Jugend an kaum mehr einen waschechten Walser- dialekt zu hören bekommen, weder in der Familie noch in der Schule, noch im Dorf selbst. Der enge Kontakt vor allem unserer werktätigen Jugend mit den Bürgern im Tale auf den Baustellen, in den Fa- briken und Büros sowie auch mit den zahlreichen Fremden im Dorfe selbst und an unseren Fremden- verkehrsorten hat unseren schönen Dialekt stark entkräftet und der Liechtensteiner Mundart ange- passt.»56 Erstes Ziel der Studie ist es, die angedeuteten Verflachungen und Anpassungen zu erfassen, d. h., aufzuzeigen, welche Merkmale sich verändern und welche nicht, sowie zu prüfen, ob sich alle variab- len Merkmale in Richtung Talmundart entwickeln. Im folgenden kann nicht auf alle Zahlen, die er- rechnet wurden, eingegangen werden. Auch wird, um die Lektüre nicht gar zu mühsam zu gestalten, öfters auf die Wiedergabe der exakten Werte ver- zichtet. Durch Verweise auf die Tabellen im An- hang sind aber die Prozent- und Absolutwerte sowie auch die statistischen Berechnungen nach- schlagbar. Das der vorliegenden Arbeit zugrunde liegende Korpus besteht aus 58 Einzelinterviews mit ca. 7500 Belegen zu den untersuchten Mundartmerk- malen. Die Tonbandaufzeichnungen umfassen ca. 7,5 Stunden. 
KONSTANZ UND VARIANZ Die Auswertung der 58 Interviews zeigt, dass bei acht von 16 Mundartmerkmalen Variation auf- tritt.57 Die übrigen acht wurden durchwegs gemäss Basismundart realisiert, d. h., unter den ca. 3500 Belegen zu diesen Merkmalen sind nur elf nicht-ba- sismundartliche Formen anzutreffen, so dass man sicher von konstantem Sprachverhalten sprechen darf.58 Konstante Merkmale (nach Basismundart) M 1, M 2, M 3, M 6, M 8, M 9, M 13, M 16 Variable Merkmale (mit Neuerungen) M 4, M 5, M 7, M 10, M 11, M 12, M 14, M 15 DIE ACHT KONSTANTEN MERKMALE Merkmal 1: Mhd. <i,ü,u,ö,o> > [i,ü,u,ö,o] (siehe S. 21) Beispiele: [milch (14), alphütta (32), ruksack (4), chääschnöpfli (3), verbota (56)] Die für Liechtensteins Talmundart typische Sen- kung der genannten Vokale ist nicht nach Triesen- berg vorgedrungen.59 Merkmal 2: Mhd. <e> > [ä] (siehe S. 22) Beispiel: [ässa] (6) Alle Informanten realisierten durchwegs [ä]. Merkmal 3: Mhd. <ä> > [aa] (siehe S. 22) Beispiel: [haar] (38) Bei den realisierten Belegen war keinerlei Ver- dumpfung feststellbar. Das Belegwort Abend in Beispielsatz 53 wurde 16 mal mit [hina] (mhd. hi- naht) umschrieben. Merkmal 6: Mhd. <ei,ou,öu> > [ei.au.eu] (siehe S. 22) Beispiele: [teikig (5), glauba (2), freud(19)] 42
	        

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