Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

BÄUERLICHES WOHNMUSEUM IN SCHELLENBERG NORBERT W. HASLER auf dem Tisch - oder wo es stand - 
ein Bröckle Zucker. Die Fliegen kamen und naschten von dem Zucker, und wenn sie auffliegen wollten, konnten sie nicht mehr heraus und fielen in das Seifenwas- ser, wo sie dann langsam zugrunde gingen. So et- was Grusiges! Oben auf dem Glas war ein Glas- zapfen, und da konnte man das Zeug ausleeren und wieder frisch füllen. So ein grusiges Stücklein Zucker habe ich einmal gegessen, und da fragte mich der Vater, ob ich es genommen habe. Ich sag- te: «Nein, die Fliegen werden es gefressen haben.» Ich sehe heute noch meinen Vater, wie er mir nicht glaubte. Er hat aber nichts mehr gesagt, und ich hatte gelogen. Unser Haus war schon primitiv eingerichtet. Vater hat es geerbt von zwei Ledigen. Er musste streng arbeiten dafür, bis diese starben. Dann war der Vater ganz allein und hat dann unsere Mama kennengelernt. Sie sei im «Löwen» in Schellenberg Magd gewesen, ich glaube etwa im Jahre 1890. Va- ter war 23 Jahre alt und Mama 25, als sie heirate- ten. Wie haben sie gearbeitet 
und verlitten für uns! Wir hatten immer etwa zwei bis drei Stück Vieh, etwa ein Schwein oder zwei und hie und da eine Färlesau und Hennen und Hasen. Das Vieh musste bei uns ziehen können, denn es wurde alles mit dem Rindvieh gefuhrwerkt: im Herbst oder im Frühjahr Mist ins Riet durch die Hala hinab, dann die Ernte wieder herauf. Herauf konnte man nicht über die Hala fahren, da musste man gegen Nofels über Fresch hinauf. Das war eine lange Strecke, und die Kühe gingen langsam, und es gab immer etwas zum Heraufholen aus dem Riet, etwa Tur- ben, 
ein Füderle Streue und im Herbst die ganze Ernte. Die Erdäpfel wurden immer von Hand ge- graben, und es gab viele und schöne. Auch Türken hatte man meistens schönen. Erdäpfel auflesen war bei uns nicht gerade eine beliebte Arbeit, Tür- ken abnehmen war schon besser, da musste man sich nicht so sehr bücken. Und es war überhaupt schön, wenn es so geraschelt hat bei Föhn. Es kam auch hie und da ein Donnerwetter auf. Das war wieder etwas Schönes für uns, da ist man in eine Turbenhütte gerannt, wo immer mehr Leute zu- sammenkamen. Da war es oft lustig und interes-sant, 
und wir Kinder konnten auch etwas hören, was 
uns wunderte. Im Sommer mussten wir auch in den Erdäpfel- und 
Türkenäckern jäten. Das Un- kraut ist in dem leichten Boden gewachsen wie ver- rückt. Vater war Zimmermann und musste neben allem noch auf Verdienst aus. Er arbeitete immer, wenn er konnte, bei Zimmermeister Pümpel in Feldkirch - ich weiss heute noch wo. Wir mussten 
oft zMittag tragen bis dort hinein. Es war weit, und wir muss- ten beim Breiten Wasen über das Bahngeleise. Mir fürchtete es vor der Eisenbahn, dass ich immer ab- gesessen bin, wenn grad ein Zug kam. Es war ein weiter Weg, und wir gingen immer über St. Wolf- gang und kamen dann bei der Egg herauf und über den Rain herein. Ich weiss heute noch nicht, wie man anders sagt. Mama musste, wenn Vater fort war, auch noch das Vieh fertig besorgen und uns Kinder zur Schu- le schicken. Vater machte die meiste schwere Ar- beit selbst, wie etwa im Winter das Holz schlagen und mit 
dem Hornschlitten heimführen, im Früh- jahr oder auch im Winter - so gut es ging - Holz sä- gen und scheiten, bis die Buben etwas helfen konn- ten. Im Sommer hat dann Vater gemäht, und wir mussten heuen. Und Vater tat das Heu herein am Abend, oder er blieb einige Tage daheim. Die Milch, die übrig war, 
wurde gestellt. Es war ein ex- tra Gestell in der Stube, und man hatte auch extra Schüsseln dazu, unten enger als oben, dass die Mäuse nicht dran hinauf konnten. Wenn dann die Milch etwa zwei Tage gestanden war, wurde sie ab- gerahmt. Es war dann ein schöner, dicker Rahm darauf, und die Milch war dann dick, wie man sag- te; heute sagt man - glaub ich - geronnen. Diese Milch behielt man auf, und Mama machte daraus Käse, aber nur sauren. Dieser war immer gut, und wir hatten einen 
extra Kästrog dafür. Der Käse musste gepflegt werden, bevor man ihn essen konnte. Aus 
dem Käsnapf genommen, wurde er ge- salzen und dann getrocknet, nachher im Keller in den Trog getan, wo er reifen musste und wo er oft abgewaschen wurde. Sobald man genug Rahm hat- te, wurde gebuttert. Es wurde 
unser Butterkübel halb voll gemacht, und 
der Stössel wurde auf und 361
	        

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