«FABRIKLERLEBEN» HANSJÖRG FROMMELT senen kubischen Zentralbau mit beeindruckender hölzerner Tragkonstruktion - fanden die Projekt- verantwortlichen den idealen Rahmen für die ge- plante Ausstellung, deren Thema in engem Zusam- menhang mit der verwaisten Produktionsstätte stand.20 Der quadratische und gegen die Dachkon- struktion hin offene Raum strahlte eine eigenartige Faszination aus. Dunkel, verstaubt und verwahr- lost wirkte er - nutzlos und jeder Funktion beraubt. Und dennoch vermochte er gerade in diesem Zu- stand an vergangene Zeiten zu mahnen. Spuren in- dustrieller Fabrikation im Hallenboden, an den Wänden und in den Holzstützen begannen von Menschen zu erzählen. Baugeschichte, Industriege- schichte, Sozialgeschichte: Das Motiv einer Zeitrei- se als Ausstellungskonzept war vorgezeichnet. Mit dem Baumwollmagazin und der im Jahr 1973 hangseits angebauten Bogenshedhalle21 stand ausreichend Fläche für die geplante Ausstellung samt umfangreichem Rahmenprogramm zur Ver- fügung. Die Ausstellungsmacher wollten dort einen Beitrag zur Landeskunde und zum Verständnis der jüngeren Geschichte Liechtensteins leisten. Darü- ber hinaus nahmen sie die Herausforderung an, mit dem zeitlich begrenzten Kulturprojekt «Fabrik- lerleben» ein Signal zur Entscheidungsfindung in der Frage nach der künftigen Nutzung der Gebäu- lichkeiten zu setzen.22
12) Zur Zerstörung der Produktionsmaschinen: Mayr (1994), S. 23. 13) Zur Wahl des Fabrikstandortes und zur Gründungsgeschichte der Spinnerei: Ospelt (1994). 14) Beispiele für Umnutzungen stillgelegter Fabrikationsgebäude in «Erhalten + Beleben» (1991). 15) Vgl. Nachrichten (1994), S. 27. 16) Aus der Ratsstube der Gemeinde Vaduz. 80. Sitzung des Gemein- derates vom 8. März 1994. Veröffentlichung des Protokolls, S. 1. Zum Ergebnis der Meinungsumfrage: «Bedürfnisse in Gesamtkon- zept einbinden». In: LVaterland, Samstag, 5. Juni 1993, S. 7. «Jenny- Spoerry-Areal soll genutzt werden». In: LVaterland, Mittwoch, 7. Juli 1993, S. 9. «Multifunktionale Nutzung der Fabrik angestrebt». In: LVoIksblatt, Donnerstag, 21. Oktober 1993, S. 11. 17) Dipl. Ing. Rolf Spoerry meinte zur künftigen Nutzung: «Am liebsten würde ich es sehen, wenn die Eignerin des Areals durch ein gut durchdachtes Konzept Menschen und Kultur in den Fabrikräu- men leben lassen würde». Vgl.: «Die anderen so behandeln, wie ich es selber gern habe...». In: LVoIksblatt, 19. August 1992. S.3. 18) Die Liechtensteinische Kunstgesellschaft hatte sich um die Träger- schaft beworben und wollte in den Hallen ein reduziertes Kunsthaus- projekt realisieren. Vgl.: Vaduz könnte «Kulturhauptstadt» werden - wenn gehandelt wird. In: LVoIksblatt, Montag, 2. Mai 1994, S. 2. 19) Vgl. Brennpunkt (1994). 20) Baumwollmagazin, erbaut 1889/90. Vgl. Bärtschi; Pfister (1993), S. 147. 21) «Frickenhalle» genannt. Vgl. Bärtschi; Pfister (1993), S. 29. 22) Rolf Spoerry mahnte in seiner Ansprache zur Ausstellungseröff- nung: «Macht doch nicht nur ein Sportstadion, sondern auch ein Kulturstadion.» Vgl. Hilbe (1994). Mit der Frage künftiger Nutzungen befasste sich auch eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Ausstel- lung. Vgl. Hasler (1994/2), Hauser (1994) und Wohlwend (1994). 283