Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1997) (94)

DR. MED. ALBERT SCHÄDLER 1848 BIS 1922 RUDOLF RHEINBERGER Hilfe benötigen ... sind gehalten, sich lediglich nur an den Landesphysikus zu wenden». Paragraph 4 verpflichtet den Arzt, die Übernahme einer Be- handlung sofort dem zuständigen Ortsvorsteher schriftlich zu melden. Am 11. Dezember 1869 wurde ein neues Armen- gesetz92 ausgegeben. Es regelt die Kompetenzen von Regierung und Gemeinden in der Armenpflege, die Pflicht der Armenunterstützung, die Herkunft der Mittel sowie schliesslich die Bestimmungen über den landschäftlichen Armenfonds. Am 30. Januar 1872 war Landesphysikus Dr. Karl Schädler gestorben und das Physikat blieb fast für drei Jahre vakant. Das bot Landesverweser von Hausen die Gelegenheit, die ärztliche Personalfrage in der Armenbehandlung durch eine Verordnung neu zu regeln.93 Die Bindung der Armenbehandlung an den Lan- desphysikus wurde nun aufgehoben. In Zukunft war jede Gemeinde verpflichtet, «über die ärztliche Behandlung ihrer kranken Armen einen Vertrag mit einem Arzte abzuschliessen». Die Gemeinde konnte also die Behandlung ihrer Gemeindearmen einem beliebigen Arzt übertragen, was allerdings die freie Arztwahl der Armen so wenig gewährleistete wie die Regelung, welche zuvor bestanden hatte. Im Vertrag zwischen Arzt und Gemeinde wurden vor allem Fragen der Honorierung geregelt. Als Beispiel eines Übereinkommens zwischen Arzt und Gemeinde nach der neuen Verordnung sei der Vertrag vorgestellt, den Dr. Wilhelm Schlegel im Jahre 1879 bezüglich der Armenbehandlung mit der Gemeinde Schaan abschloss.94 «Dr. Schlegel in Vaduz verpflichtet sich, die ärzt- liche Behandlung der kranken Armen in der Gemeinde Schaan zu übernehmen und die er- forderlichen Medicamente zu verabreichen unter folgenden Bedingungen: 1. Für ärztliche Krankenbesuche bei normalem Krankenstande bezahlt die Gemeinde ... per Jahr einen Pauschalbetrag von 52 Gulden. Dagegen würde zur Zeit von Epidemien ... eine angemesse- ne Entschädigung beansprucht werden können. 2. Für chirurgische und geburtshilfliche Opera- tionen sowie Behandlung schwer Verletzter ist der 
gesetzliche Gebührentarif, wie er in Österreich be- steht, massgebend. 3. Medikamente sind nach der österreichischen Arzneitaxe zu berechnen. 4. Der ärztliche Conto ist in der Regel am Schluss des Jahres einzureichen. 5. Die Impfdiäten betragen für d. 1/2 Tag 4 Gul- den, Impfung eines Kindes 20 Kreuzer, Nachschau 10 Kreuzer. 6. Übernimmt die Gemeinde in ausserordentli- chen Fällen wo eine Fahrgelegenheit benötigt wird, die Entschädigung. Schaan den 18. September 1879 Ferd. Walser, Ortsvorst. Dr. Schlegel Eingesehen, fürstl. Regierung, Hausen.»95 Im Jahre 1874 wurde vom Landtag mit Verzöge- rung ein neues Sanitätsgesetz96 beschlossen. Eine schon 1872 verabschiedete Fassung war vom Für- sten nicht sanktioniert worden, weil darin kein Physikat mehr vorgesehen war.97 Im neuen Sa- nitätsgesetz ist dem Landesphysikus entsprechend der Verordnung vom Vorjahr keine Vorzugsstellung betreffend die Armenbehandlung mehr einge- räumt. Im Jahre 1892 erschien eine Ergänzung zur Ver- ordnung von 1873 «betreffend die ärztliche Be- handlung und Pflege kranker Armer».98 Erwäh- 87) LLA, SR, B2, siehe auch «Liechtensteiner Ärzte» in JBL Bd. 89, S. 36. 88) Siehe auch «Liechtensteiner Ärzte» in JBL Bd. 89, S. 75. 89) LLA, NS, 1845. 90) Praxis-Journal Dr. Schädler Nr. I FamARh. 91) LGB1. 1865 Nr. 3. 92) LGB1. 1869 Nr. 10. 93) LGB1. 1873 Nr. 6. 94) GAS, Armensache Nr. 16, 1879. 95) Ebenda. 96) LGB1. 1874 Nr. 3. 97) Siehe auch «Dr. Wilhelm Schlegel» in JBL 91, S. 182. 98) LGB1. 1892 Nr. 5. 129
	        

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