Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

Was die Arbeit als Händlerin qualitativ über Fa- brikarbeit und Hausdienst hinaushob, waren also weniger bessere Arbeitszeiten oder grösserer Ver- dienst, als der wesentlich selbständigere, selbst- bestimmte Charakter der Arbeit und die sozialen Kontakte zu den Kundinnen.399 Diese Vorzüge ga- ben aber wohl kaum den Ausschlag für den hohen Anteil an Händlerinnen unter den Kaufleuten, son- dern dieser hatte seine Ursache wohl eher darin, dass es einfach war, eine Konzession zu erhalten400 und dass die Ladenarbeit sich so gut mit der Haus- und Erziehungsarbeit verbinden liess. 
ARBEITSVERHÄLTNISSE DER BÄUERINNEN STATUS DER BÄUERIN UND DER BAUERNTOCHTER Barbara Duden und Karin Hausen zeigen in ihrem Aufsatz über gesellschaftliche Arbeit und ge- schlechtsspezifische Arbeitsteilung auf, dass es in der familialen Wirtschaftsform eines «idealtypi- schen» Bauernbetriebes zwar klar umrissene Ar- beitsrollen gebe, dass die Arbeitsleistungen der Ge- schlechter jedoch voneinander abhängig und mit- einander verschränkt seien. Von dieser gegenseiti- gen Abhängigkeit der Arbeiten von Frau und Mann leiten Duden/Hausen eine relativ hohe gesellschaft- liche Machtposition der Frau ab - bzw. eine gerin- gere Abhängigkeit der Frau vom Mann als in Wirt- schaftsformen mit getrennten und voneinander ab- gesonderten Arbeitsbereichen. Allerdings stehe diese, am Arbeitsalltag gemessene Position der Frau in einem Spannungsverhältnis zu einer kultu- rellen Hierarchisierung, die männliche Arbeiten prinzipiell höher bewertet als weibliche.401 In Anlehnung an diese These liesse sich für den hier wichtigen Zeitraum behaupten, dass die z.B. in den liechtensteinischen Zeitungen zum Aus- druck kommende deutliche Wahrnehmung und hohe Wertschätzung der Bäuerin auf ihre konkrete Arbeitsleistung zurückzuführen sei.40- Gerade die Zwischenkriegszeit stellte aber in der Schweiz wie in Liechtenstein eine Zeit dar, in der sich der Status der Bäuerin weniger an ihrem Arbeitsalltag orien- tierte und stark von patriarchalisch-ideologischen Wertungen überlagert war.403 Zwei konträre und offenbar doch vereinbare Zeit- erscheinungen spielten dafür eine ausschlagge- bende Rolle: Zum einen ist hier die sich auf den Status der Bäue- rin positiv auswirkende ideologische Aufwertung des Bauernstandes zu nennen, die von der Schweiz ausgehend im weitgehend agrarischen Liechten- stein grosses Echo fand.404 Das Bauerntum wurde im Zuge der Blut- und Bodenideologie zum ur- wüchsigen, in sittlicher und religiöser Hinsicht 86
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.