Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

FRAUENARBEIT IN LIECHTENSTEIN 1924 BIS 1939 / DIENST- MÄDCHEN UND SERVIERTÖCHTER / CLAUDIA HEEB-FLECK Franken, später dann 100 Franken im Monat. Auch an ihrer zweiten Arbeitsstelle in der Schweiz ver- diente sie 100 Franken. Gemäss den Inseraten in den beiden liechtensteini- schen Landeszeitungen und den Akten der Wirt- schaftskammer wurde «Mädchen zur Mithilfe in Haushalt und Gastwirtschaft», Dienst- und Kü- chenmädchen in der Schweiz zwischen 30 und 80 Franken pro Monat - am häufigsten 50 oder 60 Franken - geboten.87 Allerdings gab es auch in der Schweiz Arbeitsstellen, an denen Dienstboten we- sentlich weniger verdienten. So erinnert sich K.H. an eine Liechtensteinerin, die in Arosa als Dienst- mädchen 20 Franken im Monat verdiente. Eine Glarnerin zum Beispiel, die «ein 13- bis 15jähriges Mädchen» oder eine «ältere, gesunde Frau» zur Aufsicht eines Kleinkindes und zu leichter Aushilfe im Haushalt suchte, sagte «etwas Lohn» zu, andere stellten «Lohn nach Zufriedenheit und Leistung» in Aussicht.88 Für Liechtenstein fehlen konkrete Lohnangaben weitgehend. Die diesbezüglichen An- gaben in den Rechenschaftsberichten lassen jedoch auf sehr niedrige Löhne schliessen. In der Erinnerung von H.B. und J.Q. lagen die Löh- ne für Dienstmädchen bei 30 Franken, nach K.H. verdienten Dienstmädchen noch viel weniger als Fabrikarbeiterinnen. J.K. bezahlte ihrer Magd, die nicht bei ihnen lebte, 3 Franken, später dann 7 Franken.89 Wahrscheinlich gab es relativ grosse Unterschiede je nach Arbeitsstelle: In den «Herrenhäusern» mö- gen die Löhne tendenziell höher gewesen sein, als in kleinen Gewerbebetrieben oder in der Landwirt- schaft.90 Darum beschäftigten Bauern meist Öster- reicherinnen, die teilweise nur für Kost und Logis oder sehr niedrigen Lohn arbeiteten: «Das Arbeits- amt bemüht sich auch, unsere Mädchen an bessern Stellen unterzubringen und war es möglich, einige Stellen in Herrschaftshäuser [sie] in Vaduz durch hiesige Mädchen zu besetzen ... Für landwirtschaft- liche Dienstmädchenstellen meldeten sich äusserst wenig hiesige Mädchen.»91 Bei Serviertöchtern dürfte das Lohnargument we- niger bedeutsam gewesen sein. Sie verdienten so- wohl in Liechtenstein als auch in der Schweiz we-sentlich 
mehr als das Dienstpersonal in Haushalt oder Hotel. O.W. verdiente in Liechtenstein monat- lich 200 bis 250 Franken im Service.92 Eine in den Mitteilungen des Arbeitsamtes 1939 ausgeschrie- 74) LLA, 1934, RF/140, Nr. 90, Aufstellung des liechtensteinischen Arbeitsamtes über die erteilten Arbeitsbewilligungen an ausländi- sches Hilfspersonal, das 17 Jahre und jünger ist. 1934 arbeiteten z.B. 13 junge Frauen zwischen 12 und 17 Jahren im Unterland. 75) Bochsler/Gisiger, S. 166. 76) RB, 1938. S. 119. 77) Verschiedene Leserbriefe im LVolksblatt und in den ON/LN/LVa- terland. Z.B.: LVolksblatt, 1922, Nr. 45 u. Nr. 49 / ON, 1923, Nr. 75 / LN, 1925, Nr. 43. Vgl.: auch die Haltung des LAV (z.B.: Resolution von 1926, in: LVolksblatt, 1926, Nr. 40). 78) Tabelle Anmerkung 73. 79) LAV, Dokumente, 1935-40, Protokoll des Arbeitsamtausschusses vom 19.11.1937. 80) Anhang, Interview mit O.W., S. 111. 81) LAV, Briefe und Protokolle 1930-36, Schreiben des Recht. Ar- beitsamtausschusses an die Fürstl. Regierung vom 15. 4.1936. 82) RB, 1932, S. 115. 83) LAV, Briefe und Protokolle 1930-36, Schreiben des liecht. Arbeitsamtausschusses an Herrn Eugen Nigg und Frau Nigg zum Schlüssle, 2. August 1935. 84) LLA, 1933, RF/135, Nr. 421, Protokoll des FL-Sicherheitskorps Vaduz, 19.8.1933. 85) Bochsler/Gisiger, S. 161. 86) RB. 1931. S. 119 / RB, 1929, S. Hl: Bericht der Wirtschaftskam- mer, 1926, S. 14. 87) LVolksblatt, 1928, Nr. 46 u. Nr. 54 / LVolksblatt, 1936, Nr. 57 / LN, 1929, Nr. 97; LVaterland, 1938, Nr. 25 u. Nr. 91. LLA. SF Wirt- schaftskammer, 1929 und 1930. 88) Anhang, Interview mit K.H.; LLA, 1929, SF Wirtschaftskammer, Nr. 541. LLA, 1930, SF Wirtschaftskammer, Nr. 386 und Nr. 355. 89) Anhang, Interviews mit K.H., H.B., J.Q. und J.K. Zu Frauenlöh- nen in der Fabrik: S. 55. 90) So gab es auch in Liechtenstein Lohnangebote, die in der Höhe denen in der Schweiz entsprachen. Vgl. z.B. Inserat im LVaterland von 1938. in dem einer «Tochter für Küche und Haushalt» 70 bis 80 Franken Lohn angeboten wurde. 91) RB, 1932, S. 114. Wann Arbeitnehmerinnen in der Landwirt- schaft als Magd, wann als Dienstmädchen bezeichnet wurden, bleibt unklar. Dies ist wiederum ein Beleg für die undifferenzierte Wahr- nehmung der Berufstätigkeit der Frauen. Vgl. S. 23. 92) Der Lohn bestand aus dem Trinkgeld. Es gab keinen Fixlohn- bestandteil. 31
	        

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