DAS HAUS BAYERN - ZEHN JAHRHUNDERTE WITTELSBACHISCHE GESCHICHTE / VOLKER PRESS Kaiser Franz Josef von Österreich (1854), ihrem Vetter, der sie der ihm ursprünglich zugedachten Schwester Helene vorzog, der späteren Fürstin von Thum und Taxis. Elisabeth wurde eine ungewöhn- lich schöne und vielseitig interessierte Frau, hatte aber auch durchaus exzentrische Züge und ent- fremdete sich schliesslich immer mehr von ihrem Mann. 1898 wurde sie von einem Anarchisten er- mordet. Marie wurde Königin beider Sizilien und erwarb sich durch ihre Rolle während des verlore- nen Kampfes gegen die italienische Einungsbewe- gung 1859/60 den Ruf einer «Heldin von Gaeta». Die Verlobung Sophies mit König Ludwig II. von Bayern scheiterte; als Herzogin von Alencon kam sie bei einem Brand um. Da der älteste Sohn Lud- wig Wilhelm (t 1920) nicht standesgemäss heirate- te, wurde der jüngere Karl Theodor (t 1909), ein berühmter Augenarzt, Chef des Hauses. Von seinen Töchtern wurde Marie Gabriele die Frau des Kron- prinzen Rupprecht von Bayern; Elisabeth (f 1965) heiratete König Albert von Belgien, an dessen Seite sie im Ersten Weltkrieg stand - sie wurde bekannt durch ihre karitativen und künstlerischen Aktivitä- ten, unter denen der nach ihr benannte alljährliche musikalische Wettstreit in Brüssel Weltruhm be- sitzt. Ihr Bruder, Herzog Ludwig Wilhelm (f 1968), Chef des Hauses, war ebenfalls ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus und musste des- halb emigrieren. Im Tegernseer Tal genoss er eine grosse Beliebtheit. Mit ihm starb das Haus der Her- zöge in Bayern aus - deshalb adoptierte er seinen Grossneffen Max Emanuel, den zweiten Sohn Her- zog Albrechts. Mit einer aktiven Förderung der Volksmusik folgt der Herzog den Spuren der Vor- gänger.
Das Haus Wittelsbach spielt auch heute noch in Bayern eine wichtige Rolle. Diese hängt nicht nur mit seiner historischen Bedeutung zusammen. Ge- rade die Zurückhaltung im öffentlichen Leben und gleichzeitige Präsenz hat ihm eine grosse Popula- rität gesichert. Die enge Verbundenheit mit dem Land und eine grosse gemeinsame Geschichte ha- ben den Grundstock gelegt für eine starke Verbun- denheit. Doch dies beruht nicht nur auf der Erinne- rung an Herzöge, Kurfürsten und Könige, sondern auch auf dem Anteil, den das Haus Wittelsbach an den Geschicken des Landes Bayern nimmt, das es wesentlich mit geschaffen hat. 185