Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

Königs wegen einer Frauenaffäre vollzog. Ludwig war seit 1810 mit der evangelischen Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen in einer kin- derreichen Ehe verheiratet. Er war aber stets ein engagierter Freund schöner Frauen gewesen, doch die angebliche spanische Tänzerin Lola Montez, eine exzentrische Person, wollte eine öffentliche Rolle spielen und begünstigte, entgegen der bishe- rigen Politik Ludwigs, die Liberalen. Die Verleihung von bayerischem Indigenat und Grafentitel kom- promittierte gleichermassen den König und das neue liberale Ministerium; weil Maurer dem kri- tisch gegenüber stand, wurde er Ende 1847 durch Oettingen-Wallerstein ersetzt. Gegen Proteste, vor allem der Universität, ging der König mit Härte vor. Daraus entwickelten sich im Februar 1848 Unru- hen - es half nichts, dass Ludwig nun die Montez fallen liess und des Landes verwies; die Bewegung verband sich mit der europäischen Revolutionswel- le des Frühjahrs 1848. Die Münchner Bürgerschaft richtete radikale Forderungen an den König; er be- willigte sie am 6. März, dankte aber am 19. März 1848 ab, weil er den Bruch mit seiner bisherigen Politik nicht mehr vollziehen wollte: trotz aller Schwächen ein bedeutender Herrscher. Ludwig hat seine Zeit und sogar seinen Sohn und Nachfolger überlebt; er starb erst 1868 82jährig. Nach wie vor betätigte er sich als Mäzen und Kunstförderer. Nur gelegentlich intervenierte er in die Politik. Er musste es auch noch erleben, dass sein Engagement für die griechische Unabhängig- keitsbewegung am Ende mit dem Sturz seines Soh- nes Otto 1862 quittiert wurde. Gedeckt durch die Ruhe des Deutschen Bundes, profdierte sich der bayerische König als einer der führenden Förderer der philhellenischen Bewegung. Kaum irgendwo gewann sie solchen Rückhalt wie in München. Un- eigennützig öffnete Ludwig I. seine Privatschatulle - und verfolgte mit Enthusiasmus die Erhebung der Griechen. Doch wurde diese schnell zu einer Sache der europäischen Mächte - die Westmächte boten 1832 die neue Krone des noch kleinen Griechen- land zunächst Ludwigs I. Bruder Prinz Karl an, dann seinem zweiten Sohn Otto, eine demonstra- tive Honorierung der wittelsbachischen Haltung 
zum Unabhängigkeitsstreben der Griechen. 1833 trat Otto formal die Regierung an; für ihn gab es eine bayerisch geprägte Regentschaft, der mit dem früheren Minister Armansperg und den späteren Ministern Abel und Maurer sowie dem General von Heydeck prominente bayerische Politiker angehör- ten; sie hinterliess in Griechenland nachhaltige Spuren: eine moderne Verwaltung, die Kodifizie- rung des griechischen Rechts, eine eigene griechi- sche Kirche, durch Maurer nach dem Muster einer deutschen evangelischen Landeskirche organisiert. Daraus entstanden natürlich Spannungen, die Otto auszugleichen suchte - aber er weigerte sich le- benslang, zur orthodoxen Kirche überzutreten. Dies erwies sich als eine schwere Hypothek, zumal sich die europäischen Mächte im Lande Parteien schufen. Zunehmend geriet er unter Druck - 1843 wurde ihm mit russischer Nachhilfe ein Verfas- sungsversprechen abgerungen, das er noch im gleichen Jahr realisierte. Um die aufständischen Griechen im osmanischen Reich bemühte er sich engagiert. Die Königin, eine Oldenburger Prinzes- sin, vermochte ein eigenes Profil zu gewinnen. Doch blieb das wittelsbachische Königtum in Athen krisengeschüttelt. Die kirchliche und politische Kri- tik am katholischen König wuchs; Ottos Bruder und ins Auge gefasster Nachfolger Adalbert heiratete 1856 demonstrativ eine spanische Infantin und liess die Kinder katholisch erziehen. So verschlech- terten sich die Perspektiven. 1862 wurde König Otto durch eine Militärrevolte gestürzt, musste emi- grieren und starb 1867 in seiner Residenz Bam- berg. Ludwig I. hat auch diese Enttäuschung noch miterlebt; seine philhellinischen Sympathien konn- te sie nicht erschüttern. Eine bedeutende Biogra- phie Ludwigs von Heinz Gollwitzer hat die viel- schichtige Persönlichkeit des Königs glänzend ge- würdigt. DER WEG INS BISMARCKREICH Am 20. März 1848 war König Maximilian II. (1848-1864) in Bayern Ludwig I. nachgefolgt; er war mit Verfassungsproblemen und mit der Frage 176
	        

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