Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

DAS HAUS BAYERN - ZEHN JAHRHUNDERTE WITTELSBACHISCHE GESCHICHTE / VOLKER PRESS nen, die sich stark auf die Antike konzentrierte. Als König suchte er die Sammlungen dem Volke nahe- zubringen - bedeutende Museen gehen auf ihn zurück. Mit dem Bau der Walhalla bei Regensburg, der Befreiungshalle bei Kelheim, der Ruhmeshalle, des Siegestores, der Feldherrnhalle in München suchte er die grossen Traditionen Bayerns und Deutschlands zu verbinden. Seiner Politik ent- sprach auch eine Förderung des Kirchenbaus, aber auch den Landschaften ausserhalb der Hauptstadt galt seine Aufmerksamkeit. Für seine Bautätigkeit setzte Ludwig seine gesamten Einkünfte aus der «Privatschatulle» ein. Er gestaltete München im klassizistischen Stil um; die Ludwigstrasse erinnert noch heute an die Grosszügigkeit der königlichen Planungen - der König holte dazu führende Archi- tekten, Bildhauer und Maler seiner Zeit. Für den gesamten Bildungsbereich, von der Volkschule bis zur Universität, setzte sich Ludwig kräftig ein; be- sonders durch seine Berufungspolitik suchte er die 1826 von Landshut nach München verlegte Univer- sität zu fördern. Im kirchlichen Bereich bemühte sich Ludwig, vom katholischen Reformer Johann Michael Sailer tief beeinflusst, die Folgen der Säku- larisation zu mildern. Dazu gehörten nicht nur (meist klassizistische) Kirchenbauten und die Re- novation der historischen Dome Bayerns, sondern auch der von ihm initiierte «monastische Früh- ling», der besonders dem Benediktinerorden als Schulorden zugute kam; daneben förderte er auch Frauenorden, wobei er neben den schulischen auch karitative Aufgaben im Auge hatte. Der Lud- wig-Missions-Verein sollte nicht nur das Christen- tum, sondern auch deutsche Kultur nach Übersee bringen. Der Autokrat hielt an der Selbständigkeit Bayerns fest, aber er hatte doch einen ausgeprägten Sinn für (gross-)deutsche Gemeinsamkeiten - so hat sich sein Aussen- und Finanzminister Graf Armansperg für Zollvereinigungen mit den Nachbarn eingesetzt, die in den Deutschen Zollverein von 1832 münde- ten. Für eine politische Förderung der Wirtschaft tat der König viel - man stand ja auch im Übergang zum Industriezeitalter. Er ermutigte ebenso zur Gründung von Industrie- und Handelskammern 
wie zur Einrichtung der Polytechniken in München, Augsburg und Nürnberg. Entscheidend wurde die endliche Beseitigung der bayerischen «Erbkrank- heit», der übermässigen Staatsschulden, denen Ludwig tatsächlich mit rigorosen Sparmassnah- men beikam. Er begründete nicht nur den Ober- sten Rechnungshof, sondern war zugleich sein ei- gener oberster Sparkommissar. Die von ihm hoch eingeschätzte Solidarität des Deutschen Bundes, in dessen Rahmen sich die Politik Ludwigs abspielte, ermöglichte es Bayern, hohe Militärkosten zu ver- meiden. Zunächst begann der König seine Regierung mit ei- ner relativ liberalen Phase, die zahlreiche Reform- impulse sah, die gleichermassen die Kritik von konservativen und radikalen Kräften auf sich zo- gen. Doch die Pariser Julirevolution von 1830 führ- te zu einem konservativeren Kurs und zur Kollision mit der liberalen Kammermehrheit - selbst ein so gemässigter Minister wie Fürst Ludwig Oettingen- Wallerstein schwenkte im Sinne des Königs auf den harten Kurs Metternichs ein. Doch als Oettingen- Wallerstein nach 1837 gegenüber den Forderungen der Kammer nach einem ausgedehnteren Budget- recht zu nachgiebig war, entliess ihn der König. Das Ministerium Karl von Abels, eines einstigen Li- beralen, stand für den endgültig katholisch-konser- vativen Kurs des Königs. Er gab sich nun aus ech- ter Überzeugung als Protektor des deutschen Ka- tholizismus, was zur Krise mit den bayerischen Protestanten führte, da der König seine eigene Reli- gion als eine Art Staatsreligion betrachtete - im «Kniebeugungsstreit», als der König eine Kniebeu- ge vor der Hostie der Fronleichnamsprozession auch bei evangelischen Soldaten verlangte, kam es sogar zum Konflikt mit dem verfassungstreueren Bruder Prinz Karl, dem Armeeoberkommandieren- den. Die Begründung eines bayerischen Kultusmini- steriums 1846 konnte die Konflikte entschärfen; doch Abel blieb eine Zielscheibe der liberalen Polemik. Der Sturz Abels eröffnete dann 1847 den Weg zum liberalen «Ministerium der Morgenröte» mit dem bedeutenden Rechtshistoriker Georg Ludwig von Maurer. Es war eine Tragödie, dass sich der Sy- stemwechsel und dann auch noch der Sturz des 175
	        

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