Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

tuation widersprüchliche Zusagen sowohl an Berlin wie an Mannheim. Dies zerstörte die alte Verbin- dung des Hauses Neuburg mit Österreich und führ- te zu einer wittelsbachischen Annäherung an Frankreich (Vertrag von Marly), die den Kaiser im polnischen Thronfolgekrieg 1734/35 in eine schwierige Situation manövrierte. In diese Rich- tung wirkte auch die neue wittelsbachische Solida- rität, die Kurfürst Karl Philipp zur Unterstützung der Kaiserpläne Karls VII. führte. In den letzten Jahren seines Lebens trieb Karl Philipp eine ausge- prägt antihabsburgische Politik. Er hat es ge- schafft, die Kurpfalz durch ein schwieriges poli- tisches Feld erfolgreich zu steuern; am Ende zeig- ten sich allerdings Verfallserscheinungen, so dass der jugendliche Nachfolger begeistert begrüsst wurde. BAYERISCH-PFÄLZISCHE VERSÖHNUNG UND BAYERISCHER ERRFOLGEKRIEG 1778/79 Das Scheitern der hochfliegenden Pläne der Kur- fürsten Max Emanuel von Bayern und Karl Philipp von der Pfalz, der Aufstieg anderer Dynastien zu Königswürden liess die verfeindeten Linien über die Konsequenzen ihrer Gegnerschaft nachdenken. Schon unter Ferdinand Maria hatte es erste Überle- gungen zu einer Annäherung gegeben, aber es war dann der pfälzische Kurfürst Karl Philipp, der 1716 die Initiative ergriff. Die erste Etappenstation war die wittelsbachische Hausunion von 1724, die auch die geistlichen Kurfürsten von Mainz und Trier ein- bezog, mit denen die Wittelsbacher einen beacht- lichen reichspolitischen Block darstellten. Das Ar- rangement mit Frankreich und das Kaisertum Karl VII. wurden von beiden Hauptlinien unterstützt. Zugleich war die wittelsbachische «Personalreser- ve» recht dünn geworden - damit ging nicht nur die wittelsbachische Bistumspolitik zu Ende, auch die bayerische Erfolgefrage zog als Problem herauf. Bayerns Kurfürst Max III. Josef (1745-1777) hatte sich 1745 mit Österreich arrangieren müssen. Sei- ne Schuldenlage machte ihn auch abhängig von den Subsidien Österreichs und der Seemächte; 
doch pflegte er auch Kontakte zu Frankreich; die Heirat seiner Schwester Josepha mit Kaiser Josef II. 1765 schien jedoch eine Annäherung an Öster- reich vorzubereiten, aber der Kaiser behandelte die ungeliebte Frau so schlecht, dass die kurze Ehe eher eine Belastung wurde. Insgesamt betrieb Max III. Josef eine vorsichtige Reichspolitik - der Schwerpunkt lag auf den inneren Angelegenheiten, und mit Max III. Josef setzte der kurbayerische Re- formabsolutismus ein, der nach 1764 einen Höhe- punkt erreichte. Die Behördenorganisation, vor al- lem auch die Versuche, das drohende Problem der bayerischen Schuldenlast zu lösen, standen am An- fang; weiter suchte der Kurfürst die Wirtschaft des Landes zu fördern - dazu gehörte auch die Grün- dung der Nymphenburger Porzellanmanufaktur. Allerdings vermochte er nicht die belastende Olig- archisierung der Beamtenschicht zu brechen. Bei dem frommen Katholiken standen starke Staats kirchliche Tendenzen im Vordergrund; der Geistliche Rat wurde 1768 zu einem Instrument landesherrlicher Kontrolle ausgebaut; 1773 folgte auch in Bayern die Aufhebung des Jesuitenordens. Mit der bayerischen Landschaft geriet der Absolu- tist wiederholt in Konflikte, doch die Schuldenlast zwang ihn immer wieder zu Kompromissen. Ein besonderes Interesse galt Bildung und Wissen- schaft: 1759 wurde die bayerische Akademie der Wissenschaften gegründet, 1770/71 die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Im gleichen Jahr zeigte sich Max Josefs Fürsorge für das notleidende Volk während der schweren Hungerkrise. Doch wurde seine Regierungszeit vom Problem des fehlenden Erben überschattet - die Doppelhochzeit des Kur- fürsten von Bayern und des Kurprinzen von Sach- sen sollte die Verbindungen zwischen den beiden katholischen Dynastien stärken; mangels bayeri- scher und pfälzischer Bischofskandidaten profitier- te davon die geistliche Karriere des Wettiners Prinz Clemens Wenzeslaus von Sachsen-Polen. Zugleich knüpften die Wittelsbacher die pfälzisch-bayeri- schen Verbindungen mit einer Serie wechselseiti- ger Hausverträge von 1766, 1771 und 1774 immer enger. Auch aus Furcht vor dem drohenden Zugriff 166
	        

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