Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

DAS HAUS BAYERN - ZEHN JAHRHUNDERTE WITTELSBACHISCHE GESCHICHTE / VOLKER PRESS die Erhebung, die sich auf ihn berief. Seine Frau durfte nicht nach Bayern zurückkehren; Kinder wurden ins österreichische Exil geführt; am 19. April 1706 ächtete Kaiser Josef I. Max Emanuel und seinen Kölner Bruder Josef Clemens, der eben- falls auf die französische Karte gesetzt hatte. Die Kurpfalz erhielt die Oberpfalz und die vierte Kur zurück, eine territoriale Zergliederung Bayerns zur Ausstattung habsburgischer Parteigänger setzte ein. Doch von Brüssel aus verfolgte Max Emanuel seine dynastischen Pläne weiter; es blieb ihm allerdings nur die konsequente französische Unterstützung, da Versailles um seiner Glaubwürdigkeit willen den engsten Verbündeten nicht fallen lassen konnte. Am Ende stand aber die Restitution Bayerns, einschliesslich der Oberpfalz und der vierten Kur. Max Emanuel kehrte 1715 in sein Land zurück, dessen Verwaltung verfallen und durch eine starke Oligarchisierung belastet war, das eine immense Schuldenlast tragen musste, was den Einfluss der einst Zug um Zug im Sinne des Absolutismus zurückgedrängten Landstände wieder stärkte. Fortsetzen konnte Max Emanuel allerdings die tra- ditionelle wittelsbachische Bistumspolitik. Max Emanuels Kinder waren die fünfte und letzte Gene- ration der wittelsbachischen Bischofskandidaten; ein früher Tod beendete die hoffnungsvolle Karrie- re des Prinzen Philipp Moritz, aber seine Brüder Clemens August und Johann Theodor füllten die Lücke aus. Clemens August gewann ausser Köln (1723) noch die Satellitenbistümer von Münster, Paderborn (beide 1719), Hildesheim (1724) und Osnabrück (1728), dazu 1732 das Amt des Hoch- und Deutschmeisters - der «Herr von Fünfkirchen» war ein kunstsinniger Fürst und frommer Priester (t 1761). Demgegenüber führte sein Bruder Jo- hann Theodor, Bischof von Regensburg (1719), Freising (1727) und Lüttich (1744), seit 1743/46 auch der «Kardinal von Bayern», ein sehr ungeist- liches Leben (t 1763). Mit ihm ging die erfolgreiche Reichskirchenpolitik des Hauses Wittelsbach zu Ende, ein Kapitel von kaum zu unterschätzender Bedeutung für die Geschichte des Reiches. 1722 näherte sich Max Emanuel wieder Österreich - sein 
Sohn Karl Albrecht heiratete Maria Amalie, die zweite Tochter Kaiser Josefs I. Hier warf bereits die kommende Erbfolgekrise der Habsburger ihre Schatten voraus. Von der noch unter Max Emanuel eingeleiteten Annäherung an die Pfälzer Wittelsba- cher wird noch die Rede sein. 1726 starb Max Emanuel und hinterliess seinem Sohn ein schwieri- ges Erbe. DAS KAISERTUM KARLS VII. Kurfürst Karl Albrecht (1726-1745) hatte die hoch- fliegenden Pläne des Vaters geerbt, aber nicht des- sen eisernen Willen; unter dem kunstsinnigen und repräsentationsfreudigen Fürsten erreichte das bayerische Rokoko seinen Höhepunkt. Doch konnte sich der Kurfürst nicht zu einer konsequenten aus- senpolitischen Linie durchringen, wie sie das Na- hen der österreichischen Erbfolgekrise erfordert hätte. Die nach dem Tode Kaiser Karls VI. erhobe- nen bayerischen Ansprüche wurden von der Wie- ner Hofkanzlei leicht widerlegt - doch der bayeri- sche Kurfürst gab seine ehrgeizigen Pläne nicht auf. Seine Politik war bestimmt von Reaktionen auf das Handeln anderer. Friedrich II. der Grosse von Preussen eröffnete 1740 mit seinem Angriff auf Schlesien das Spiel. Doch erst der Kriegseintritt Frankreichs eröffnete Bayern einen Handlungs- spielraum, und in der Folge agierte Karl Albrecht im Schlepptau Frankreichs, auf dessen militärische Kraft er angewiesen war. Doch lehnte er die ver- zweifelten Verständigungsangebote Maria The- resias brüsk ab. Den siegreichen Vorstoss ins Herz Österreichs - Linz huldigte dem bayerischen Kur- fürsten - brach der französische Marschall Belle- Isle 1741 ab, der keine Vernichtung Maria The- resias, sondern ein Gleichgewicht zwischen einem vergrösserten Bayern und einem verkleinerten Österreichs wollte. Aber auch Karl Albrecht stimm- te dem Schwenk gegen Prag zu, weil er in der böhmischen Kur die Voraussetzung des erhofften wittelsbachischen Kaisertums sah. In der Tat wur- de er am 25. Januar 1742 als dritter Wittelsbacher nach Ludwig dem Bayern und Ruprecht zum rö- 161
	        

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