Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

gespielt hatte. Sein Fürstentum Neuburg ging 1557 an den Pfalzgrafen Wolfgang von Zweibrücken. Als ältester Agnat trat Kurfürst Friedrich III. (1559- 1576) in Heidelberg die Regierung an und überliess sein kurzzeitig von ihm regiertes Fürstentum Pfalz- Simmern an seinen nächsten Bruder Georg (1559-1569), der im Luthertum verharrte. Unter Friedrich III. aber setzten sich die traditionellen Einflüsse aus Oberdeutschland in der Pfalz durch. Das führte dazu, dass sich Friedrich III., von ausge- prägter persönlicher Frömmigkeit, schrittweise auf das reformierte Bekenntnis zubewegte - eine Ent- scheidung, die mit der Kirchenordnung von 1563 einen Höhepunkt erreichte, welche den bekannten Heidelberger Katechismus enthielt. Später setzten sich die Anhänger einer strengen Kirchenzucht durch. Das reformierte Bekenntnis war reichspoli- tisch nicht anerkannt - so suchte Kaiser Maximi- lian II. im Zusammenspiel mit Albrecht V. von Bay- ern, aber auch mit den Lutheranern Christoph von Württemberg und Wolfgang von Zweibrücken 1566 den Kurfürsten aus dem Schutz des Augsburger Religionsfriedens von 1555 zu drängen, was der Kurfürst mit Geschick und Zähigkeit zu verhindern vermochte; so hatte er eine praktische Anerken- nung des Calvinismus erreicht. Doch verbanden sich mit dieser konfessionellen Entscheidung eine Revisionspolitik gegen den Augsburger Religions- frieden von 1555 und enge Kontakte mit den Huge- notten in Frankreich und den aufständischen Nie- derlanden. Die alte antikaiserliche Frontstellung der Kurpfalz lebte dadurch wieder auf. Das reformierte Bekenntnis entsprach den rhei- nisch-pfälzischen Traditionen, doch war die Ober- pfalz stolz auf ihre relativ eigenständige Hinwen- dung zum Luthertum. Friedrichs III. Sohn Ludwig wurde als Statthalter der Kern der von Adel und Städten getragenen Op- position. So tat sich eine konfessionelle Kluft zwi- schen den beiden pfälzischen Landesteilen auf. Die Versuche Kurfürst Friedrichs III., das reformierte Bekenntnis auch in der Oberpfalz durchzusetzen, blieben an der Oberfläche. Vielmehr musste der Kurfürst fürchten, dass sein Sohn Ludwig bei der Regierungsübernahme in Heidelberg seine Ent-scheidung 
für das reformierte Bekenntnis wieder rückgängig machen würde; so schuf Friedrich III. ein eigenes kleines Territorium für seinen zweiten Sohn Johann Casimir (1576-1592), der durch die Erfahrungen der westeuropäischen Kriege geprägt war - der Calvinist sollte ein Fürstentum um Neu- stadt und Kaiserslautern in der unteren, um Neun- burg v. W., später um Neumarkt in der Oberpfalz erhalten. 1576/77 beseitigte Kurfürst Ludwig VI. (1576-1583) tatsächlich nach dem Tode Friedrichs III. das reformierte Bekenntnis. Der fromme, schwermütige Mann entliess reformierte Pfarrer und Schulmeister, behielt aber die gemässigten un- ter den reformierten Räten. Bewusst knüpfte er an die lutherische Tradition Ottheinrichs an. Er blieb auch ein entschiedener Verfechter der protestanti- schen Sache im Reich, zeigte aber weit mehr Vor- sicht als sein Vater. Nur schweren Herzens nahm er 1582 die lutherische Konkordienformel an, die auch die Anhänger Philipp Melanchthons aus- grenzte. Ludwig begriff nämlich, dass es keinen dritten Weg in dem zwischen Lutheranern und Re- formierten polarisierten evangelischen Lager gab. Mit seinem Testament suchte der kränkelnde Kur- fürst durch eine überwiegend lutherische Vor- mundschaft den reformierten Bruder Johann Casi- mir «einzumauern». Doch dieser riss nach Ludwig VI. Tod 1583 schnell die Vormundschaft über den neunjährigen Frie- drich IV. (1583/92-1610) an sich - als Basis diente ihm sein Fürstentum Pfalz-Lautern, das ein Refu- gium aller reformierten Glaubensflüchtlinge gewe- sen war. Von dort hatte Johann Casimir auch seine Hand im politischen Spiel Westeuropas - trotz der Kleinheit seines Territoriums blieb er dort präsent. In der Kurpfalz kehrte er alle Massnahmen des Bruders um, wobei er sich auf den Restbestand re- formierter Räte stützen konnte. Er hoffte noch auf ein Zusammengehen mit dem reformiert geworde- nen Sachsen Kurfürst Christians I. und entsandte 1591 ein Hilfsheer für König Heinrich IV. nach Frankreich. Ein Schlaganfall raffte den trinkfreudi- gen Fürsten hinweg, der als «Jäger aus Kurpfalz» in das Volkslied eingegangen ist. Vergebens hatte er versucht, die werdende Reichsritterschaft im Pfäl- 154
	        

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