Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1995) (93)

den Boden, den man gehabt hat. Damals konnte man noch nicht so Boden dazu pachten wie heute. Jeder hat damals ja noch selber eine Landwirtschaft gehabt. Mein Mann bekam auch etwas Boden. F: War der Boden beieinander oder zerstreut? A: Er war nirgends beieinander. Die Felder lagen weit auseinander. Das ist ja noch heute so. Ich bin viel gelau- fen! Man musste alles laufen. F: Hatten Sie Hilfskräfte in der Landwirtschaft? A: Wir haben halt viel gepflanzt und darum haben wir Taglöhner gebraucht. Eine Frau hatten wir, die kam fast jeden Tag von Schaanwald herauf, um auf dem Feld zu helfen. Eine Liechtensteinerin. F: Wieviel Lohn bekam sie? A: In der ersten Zeit hat sie drei Franken gehabt und spä- ter dann sieben. Wie es dann noch später war, weiss ich nicht mehr. Sie hat uns dann verlassen. Und dann hatten wir noch gute Nachbarsfrauen, die nebenbei gerne noch ein paar Franken verdient haben. Die haben bei uns auf dem Feld geholfen. Die eine hatte zwei Buben, die arbei- ten gingen. Sie hatten keine eigene Landwirtschaft. Auf der anderen Seite war auch eine Frau, der der Mann ge- storben ist und die zwei Mädchen hatte, die ebenfalls ar- beiten gingen. ... Und die Geschwister von meinem Mann haben auch auf dem Feld mitgeholfen. Da war eine noch ständig daheim und die Mutter von ihm auch, bzw. seine Stiefmutter. Sein Vater hat in der Gerberei geholfen. F: Was haben Sie angepflanzt? Nur Kartoffeln und Mais oder auch Gemüse? A: Ja, Kabis. Anderes Gemüse nicht. Und viel Kartoffeln. Wir haben tagelang Kartoffeln verlesen. Einmal mussten wir Saatgut machen, fürs Lagerhaus in Buchs. Das muss- ten wir daheim verlesen. Da bekam man eine Scheibe und die Kartoffeln durften nicht grösser sein als diese Scheibe. Da haben wir gedacht, so genau müsse man das nicht nehmen. Wir haben halt die Scheibe nicht bei jeder Kar- toffel in der Hand gehabt! Am nächsten Tag haben wir ein ganzes Fuder nach Buchs gebracht, aber sie haben es nicht angenommen. Wir mussten das ganze Fuder noch- mals verlesen! F: Ihre Landwirtschaft war also so gross, dass sie Kartof- feln usw. verkaufen konnten? A: Ja, aber die Preise waren halt nicht so wie heute. Ein Fuder Kartoffeln brachte 200 Franken. F: Wem haben Sie Ihre Produkte verkauft? A: Das konnte man ins Lagerhaus nach Buchs bringen oder ins Lagerhaus des Bauernverbandes. Wir hatten auch sonst noch Kundschaft, die Kartoffeln und Kraut bei uns kauften - Leute aus der Nachbarschaft. Milch haben wir auch verkauft und Hühner haben wir auch gehabt. So hat man immer etwas zusammengebracht. In der Gerbe- rei gab es viele Schaffelle. Die Wolle musste man mit ei- nem Material ablösen, dann abschaben und waschen und dann konnte man sie auch verkaufen. Aus dem Erlös ha-ben 
wir dann Stoff gekauft und so hat man immer etwas gemacht. F: Verkauften Sie oder Ihr Mann die landwirtschaftlichen Produkte? A: Das hat schon der Mann gemacht - weil er ja dann ei- nen guten Arbeiter in der Gerberei gehabt hat. (Zuerst hat er nur einen Lehrbub gehabt, später haben wir einen Ger- ber eingestellt.) Mein Mann musste schon viel in der Landwirtschaft machen. Schon mit dem Heuen - überall musste er halt dabei sein. Ich habe jeden Monat das «ge- wöhnliche Geld» bekommen - für den Haushalt. Den Rest haben wir in die Kasse getan. F: Sie haben erst als Tochter und später als Ehefrau in der Landwirtschaft gearbeitet. Hat sich Ihr Arbeitsbereich geändert oder waren Sie mehr oder weniger vor und nach der Heirat für die gleichen Arbeiten zuständig? A: Es blieb, glaube ich, gleich. Mit den Jahren hat man es halt leichter gehabt. Man konnte noch eher am Abend zu- sammensitzen und etwas ausruhen. Nachher hatten wir noch mehr Arbeit - bis wir uns etwas hochgearbeitet hatten. Der Vater wollte eben zuviel, er wollte jedem eine Existenz gründen! Er hätte nicht so viel arbeiten sollen. Jeden Abend nach dem Nachtessen ist er noch einmal in die Gerberei - bis um 22 Uhr. F: Wie sah Ihr Arbeitsalltag als verheiratete Bäuerin aus? Haushalt. Feldarbeit, usw.? A-. Aufs Feld gegangen bin ich nicht viel. Es hat immer ge- heissen, es müsse jemand daheim bleiben - wegen dem Laden. Und da hat es geheissen, ich müsse daheim blei- ben, denn er sei mit dem Rad wieder schneller daheim. F: Was für ein Laden war das? A: Wir haben mit einem Laden für Schuhmacher und Sattler angefangen, weil wir eigenes Leder hatten. Das andere Material, das Schuhmacher und Sattler brauch- ten,haben wir uns zuschicken lassen. F: Dann haben Sie diesen Laden geführt? A: Ja, viel. Wenn er halt nicht da war, musste ich in den Laden. F: Haben Sie auch die Buchhaltung für den Laden gemacht? A: Das machte mein Mann. F: Wie gross war die Arbeitsbelastung durch den Laden? A: Es sind ja nicht jeden lag Leute gekommen. Meistens kamen die Sattler sonntags. Sie wussten, dass sie sonn- tags zu uns kommen dürfen - die, die von weiter her ge- kommen sind, damit sie werktags keine Zeit versäumten. Da konnte mein Mann an einem Sonntag nie fort. Er meinte immer, er müsse wegen dem Laden daheim blei- ben. Die Leute sind halt gekommen, wenn es ihnen ge- rade ausging. Man ist allen entgegengekommen. Wir sind mit allen Schuhmachern gut ausgekommen. F: Was hatten Sie sonst noch für Aufgaben? A: Den Haushalt. Und dann haben wir Hühner, Hasen und Schweine gehabt. Die mussten alle gefüttert werden. 128
	        

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