Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1994) (92)

GRAF HARTMANN SOL ZE TAIL WERDEN VADUTZ ROGER SABLONIER Hartmann und Rudolf, die gräflichen Brüder von Werdenberch herren ze Saneganz, seien mit ain ander beriht, das heisst ins friedliche Einverneh- men gebracht worden und hätten 
dabei ir guot ge- tailet: Dies bestätigen der Bischof von Chur und vier weitere Gewährsleute am 3. Mai 
1342 in der stat zu Sargans mit einer feierlichen Urkunde.1 Graf Hartmann soll unter 
anderem ze tail werden Vadutz, Hartmann wurde also die Burg Vaduz zu- gesprochen, und deshalb gilt die Urkunde heute als eines der wichtigsten und frühesten Zeugnisse für die Geschichte des Fürstentums Liechtenstein. Der Vertrag, so lautet die traditionelle Sicht, besiegelte eine Erbteilung und bedeutete nichts weniger als die Gründung der neuen Grafschaft Vaduz, welche weite Teile des heutigen Fürstentums umfasste. Nur ein kurzer Schritt führte von da zur Meinung, dieses Datum sei als Geburtsstunde des heutigen Landes Liechtenstein zu sehen und die Urkunde könne am «Beginn der eigenstaatlichen Entwick- lung unserer Heimat» stehen.2 Kommemorationen und Jubiläumsanlässe pflegen einen eigenen Umgang mit geschichtlichen Ereig- nissen und Vorgängen - in der Schweiz haben wir damit seit der 600-Jahrfeier von 1891 eine noch längere Erfahrung als in Liechtenstein. Die Bedeu- tung der Urkunde vom 3. Mai 1342 für die Staats- werdung des gegenwärtigen Landes Liechtenstein und dessen «nationale» Geschichtskultur vereh- rungsvoll zu würdigen oder kritisch zu hinterfra- gen, ist jedoch nicht das Ziel der folgenden Aus- führungen. Ganz unbefangen soll die naheliegende Frage gestellt werden, was denn diese sogenannte Teilung in der Zeit selber, also in der Mitte des 14. Jahrhunderts, tatsächlich bedeutete, und dabei ist sowohl von Absichten und Möglichkeiten der Beteiligten auszugehen wie auch von einem weite- ren Rahmen der geschichtlichen Ereignisse und Prozesse dieser Zeit in der Region. Im folgenden wird zuerst der Inhalt der genannten Urkunde von 1342 vorgestellt und anschliessend auf dem Hintergrund der werdenbergischen Fami- lien- und Herrschaftsgeschichte zu erklären ver- sucht. Selbstverständlich dürfen dabei die Akteure aus dem Hause Werdenberg nicht fehlen. Die be-sitzgeschichtlich-genealogische 
Beschäftigung mit dem Grafengeschlecht schafft die Voraussetzungen, um das Schicksal der Werdenberger in einen allge- meinen, adels- und regionalgeschichtlichen Zu- sammenhang zu stellen. Und die Vorgänge um das Haus Werdenberg in dieser Zeit sind erst dann bes- ser verständlich, wenn sie mit den Entwicklungen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rah- menbedingungen verknüpft werden. Am Schluss soll eine kurze Bilanz stehen, die auch auf Perspek- tiven für eine zukünftige Forschung hinweist. Grundlage der Ausführungen bildet eine erneute Durchsicht der urkundlichen Quellen und die kriti- sche Verarbeitung des Vorhandenen in den be- kannten, meist schon älteren Darstellungen zur Ge- schichte der Werdenberger in Sargans und Vaduz,3 zur Geschichte Vorarlbergs und des Bodensee- raums4 und - Vollständigkeit in der Erfassung wird nicht angestrebt - in älteren und neueren Arbeiten zur regionalen, vorwiegend zur politischen und in- stitutionellen Geschichte.5 Die Quellenkenntnis von Krüger in seiner dynastie- und besitzgeschicht- lichen Arbeit ist auch heute noch beeindruckend; Ergänzungen liefert das nunmehr zur Verfügung stehende Liechtensteiner Urkundenbuch.6 Der vor- liegende Aufsatz basiert auf einem Vortrag, der hier mit wichtigen Details zur Familiengeschichte 1) LUB (Liechtensteinisches Urkundenbuch) 1/5, Nr. 101, S. 207-211. 2) Zit. nach: Vogt, Grafschaft, S. 191. Die Literaturangaben erfolgen abgekürzt gemäss der Bibliographie (siehe am Schluss). 3) Hervorzuheben sind die Arbeiten von Vanotti und Krüger; Planta, Herrschaften; Kaiser, Liechtenstein. Die Ordnungszahlen für die Per- sonen sind dem Genealogischen Handbuch (zit. als GHS) entnommen und weichen teilweise von Krügers Numerierung ab. 4) Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs; Feger, Bodenseeraum; Geschichte der Stadt Feldkirch; Kunstdenkmäler Liechtenstein und Kunstdenk- mäler St. Gallen. 5) Ackermann, Todessturz; Beusch, Rechtsgeschichte; Büchel, Her- ren von Schellenberg; Büchel, Eschnerberg; Burmeister, Montfort- Tettnang; Burmeister, Feldkirch; Niederstätter, Landesausbau. 6) Abgekürzt zitiert als LUB. Neben den Regesten von Krüger (zit. Krüger, Reg. mit Nr.) sind besonders Thommen, Urkunden und UB St. Gallen-Süd wichtig. 3
	        

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