Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1994) (92)

MÜNZFUNDE UND GELDUMLAUF IM MITTEL- ALTERLICHEN ALPENRHEINTAL / BENEDIKT ZÄCH Wichtige und teilweise alte Siedlungen befanden sich an den Ausgängen und Verengungen des Tals (Bregenz, Rheineck, Altstätten, Feldkirch, Sar- gans). Nur wenige Ortschaften wie Bregenz, Alt- stätten oder Feldkirch konnten sich als städtische Gemeinwesen entwickeln;28 sie vermochten sich je- doch nie zu überregionalen Zentren auszubilden. Die gewerbliche Produktion war entsprechend we- nig entwickelt. Aus dieser Situation lässt sich das Fehlen von mittelalterlichen Prägestätten - von ei- ner ephemeren Prägung in Feldkirch und der nur zeitweise tätigen Münzstätte des Churer Bischofs abgesehen - erklären; ausserdem hatte sich nir- gends ein grosser und wichtiger Markt gebildet, der ein Münzrecht an sich hätte ziehen können.29 Der Bedarf an Münzgeld wurde stets durch das umlaufende Geld befriedigt. MÜNZGESCHICHTLICHE BEMERKUNGEN MEROWINGISCHE UND KAROLINGISCHE ZEIT In der letzten Phase der römischen Herrschaft, ab etwa 400, kam der Münzzufluss nördlich der Alpen nahezu zum Erliegen. Der Geldumlauf in unseren Gegenden bildete sich in der Folge stark zurück. Erst in der Merowingerzeit, d.h. im 6. und 7. Jahr- hundert, setzt wieder eine Münzprägung ein. Sie war jedoch unendlich zersplittert; allein in Gallien zählt man zu dieser Zeit etwa 800 Münzstätten, in denen kleine Goldmünzen (Tremissis oder Triens) 14) Ob die als Einzelfunde entdeckten Goldmünzen (Bludenz 34, Feldkirch 39, Götzis 40 und Sevelen 49) wirklich als Zufallsverluste anzusprechen sind, muss letztlich offenbleiben, da für keinen der Fälle nähere Fundumstände bekannt sind. Es ist nicht auszuschlies- sen, dass Reste kleiner Schatzfunde (die nicht vollständig bekannt wurden) oder Teile von Börseninhalten vorliegen. 15) Früh, Jakob: Geographie der Schweiz. Bd. 1: Natur des Landes. St. Gallen, 1930, S. 487. 16) Hammer, Thomas Arnold: Die Orts- und Flurnamen des St. Gal- ler Rheintals. Namenstruktur und Siedlungsgeschichte. Frauenfeld/ Stuttgart, 1973. (Studia Linguistica Alemannica, 2), S. 71 f. und S. 80 (Karte). 
17) Vgl. Kaiser, Markus: Rheinkarten und Rheinpläne aus 375 Jah- ren. Eine Landschaft im Wandel. In: Werdenberger Jahrbuch 3, 1990 (1989), S. 30-43, bes. S. 38 Abb. 23 und 24, wo die im 19. Jahrhundert zunehmende Gewinnung von eingedämmten Acker- streifen im Gebiet Sennwald/Ruggell gut zu verfolgen ist. 18) Vonbank, Elmar: Das Bodensee-Rheintal als ur- und frühge- schichtliche Weg- und Siedlungslandschaft. In: helvetia archaeolo- gica 9 (1978), S. 235-251, hier S. 235. 19) Zum vermuteten römischen Strassenverlauf im Untersuchungs- gebiet mit einer rechtsrheinischen Haupt- und einer linksrheini- schen Nebenroute vgl. Overbeck (wie Anm. 5), Bd. 1, S. 230 Abb. 68 (Karte). 20) 1388: Schulte (1900), Bd. 1, S. 377 f. und Bd. 2, S. 34 Nr. 26; 1390: Schulte (1900), Bd. 1, S. 367-369 und Bd. 2, S. 38-41 Nr. 33 und 34. 21) Schulte (1900), Bd. 1, S. 368 (Tabelle). 22) Gutersohn, Heinrich: Geographie der Schweiz. Bd. 2: Alpen, 2. Teil: Waadt, Freiburg, Bern, Unterwaiden, Uri, Schwyz, Glarus, St. Gallen, Appenzell. Bern, 1964, S. 408. 23) Schulte (1900), Bd. 1, S. 64 und 382. 24) Zu den Bündner Pässen im Mittelalter vgl. allgemein Schnyder, Werner (Bearb.): Handel und Verkehr über die Bündner Pässe im Mittelalter zwischen Deutschland, der Schweiz und Oberitalien. Bd. 1. Zürich, 1973. Bd. 2. Zürich, 1975; hier Bd. 1, S. 9-22 sowie Peyer, Hans Conrad: Alpenpässe. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 1. Zürich/München, 1978, Sp. 453-455. - Die Julier-Maloja-Route scheint in karolingischer Zeit bevorzugt worden zu sein (Schnyder, Bd. 1, S. 11), während im 11. und 12. Jahrhundert nach Ausweis der Münzfunde wohl eher der Splügen und der San Bernardino im Vordergrund standen (vgl. Hätz [1979], S. 182 Karte; im Text S. 194 sind fälschlicherweise Septimer und Julier angeführt). 25) Schulte (1900), Bd. 1, S. 380; vgl. auch Stolz, Otto: Verkehrsge- schichte des Arlberges im Mittelalter. In: Montfort 4 (1949), S. 1-10. 26) Lediglich einige leicht erhöhte Areale, auf alten Kiesbänken sitzend, boten Siedlungen etwas Schutz (Oberriet, Kriessern, Die- poldsau, Widnau); Gutersohn (wie Anm. 22), S. 408. 27) Einen Überblick über die Siedlungsgeschichte bis zum Frühmit- telalter vermittelt Vonbank (wie Anm. 18); zum Siedlungsbild in rö- mischer Zeit vgl. Siegfried-Weiss, Anita; Steinhauser, Regula; Primas, Margarita: Archäologischer Beitrag zum Formationsprozess des frühmittelalterlichen Churrätien. In: Geschichte und Kultur Churrä- tiens. Festschrift für Pater Iso Müller OSB zu seinem 85. Geburtstag. Hrsg. Ursus Brunold und Lothar Deplazes. Disentis, 1986, S. 1-48, hier S. 1-15 (Anita Siegfried-Weiss, Zur Romanisierung Nordbün- dens und des Rheintals). 28) Rheineck und Werdenberg etwa blieben stets Kleinstädte ohne eigenständige Verwaltung. 29) Die meisten Münzrechtsverleihungen waren im süddeutschen Raum mit einem Marktrecht verknüpft, so die Verleihungen für die Abteien St. Gallen (947 Münze und Markt in Rorschach) und Rei- chenau (996/999 Münze und Markt in Allensbach) sowie für die Gra- fen der Baar (999 Münze und Markt in Villingen); vgl. Cahn (1911), S. 45-47 und 52-54. 207
	        

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