Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1994) (92)

DR. MED. RUDOLF SCHÄDLER 1845 BIS 1930 RUDOLF RHEINBERGER wurde der Platz zu eng, und die beiden Brüder be- schlossen, gemeinsam neu zu bauen. Der Zeitpunkt war günstig, hatte doch die Gemeinde Vaduz mit dem Neubau der Pfarrkirche (1869-1873) auch den Abbruch der alten St. Florinskapelle beschlos- sen.54 Dadurch aber bot sich die Möglichkeit, den geringen zum Tschaggaturm gehörenden Um- schwung zu arrondieren. Das alte Tschaggaturm- gebäude wurde abgerissen und an seiner Stelle das sogenannte «Schädlerhaus» errichtet. Der Turm der Florinskapelle wurde zuerst abgebrochen, denn er stand dem Neubau im Wege. Die Schlei- fung des Langhauses der Kapelle folgte im Jahr 1874 nach der Einweihung der neuen Kirche. Die Beobachtungen, welche Dr. Rudolf und Dr. Al- bert Schädler beim Abbruch des alten Tschagga- turmgebäudes 1872 gemacht hatten, teilten sie später Egon Rheinberger in Vaduz mit, der sie dann um 1903/04 aufzeichnete. Da es sich um ebenso wichtige wie interessante Beobachtungen handelt, möchte ich diese Aufzeichnungen im Fol- genden zusammengefasst wiedergeben.55 Ein da- zugehörender Lageplan, der Egon Rheinberger noch vorlag, ist leider nicht mehr vorhanden. Der ursprüngliche Tschaggaturm, welcher um 1784 durch Zubauten im Osten und Westen erwei- tert worden war,56 hatte «bei 6 m lichter Weite eine Mauerstärke von 1,50 m. Auf der Bergseite führte eine Holztreppe zu dem 2 m über dem Hofe erhöh- ten Eingang in das erste Geschoss, das innen unge- teilt, den Zugang zu dem tieferen unteren Gelasse und auch zu dem zweiten Stocke durch Stiegen ver- mittelte. Auf dem zweiten Geschosse ruhte das Sparrenwerk des beidseits abgewalmten Sattelda- ches. Die starken Mauern des Turmes, aus kleinen Findlingen und glatt verputzt, dürften ursprünglich noch mehrere Stockwerke, vielleicht aus Fachwerk getragen haben ... Ungefähr mit der nahen Gruft- kapelle mag um 1350 auch der Tschaggaturm ent- standen sein... Durch die Auffindung weitläufiger älterer Fundamente beim Abbruch 1872, die sich teilweise bis unter den Chor der Kapelle erstreck- ten, gewinnt der Baukomplex noch mehr an Inter- esse. Unter hoher Schuttschicht wurde ein gewölb-tes 
Gelass mit Mauerstiege aufgedeckt und in Ver- bindung damit Hessen sich weitere alte Grundmau- ern bis unter den Chor der Kapelle verfolgen. Es muss daher schon vor der Erstellung der Grafenka- pelle und des (Tschagga)turms auf der gleichen Fläche eine viel ältere ummauerte Niederlassung bestanden haben...» Soweit die Aufzeichnungen Egon Rheinbergers. Das heutige «Schädlerhaus» steht also auf historischem Boden.57 Der Kern des 1872/73 erbauten Hauses wurde seitdem nicht mehr verändert. Allerdings wurde im Jahre 1894 gegen Süden die verglaste Veranda zugebaut, die dem Gebäude heute einen besonderen Akzent ver- leiht. Bis zum Jahre 1910 waren im ersten Unterge- schoss die Praxisräume sowie ein Wohn- und ein Schlafzimmer untergebracht, während die oberen Stockwerke zwei geräumigen Wohnungen für die beiden Arztfamilien Platz boten. Gegen Osten wa- ren nacheinander Waschküche, Remise und Pfer- destall angebaut worden. Zur Finanzierung des Hausbaues hatten die beiden Brüder Schädler ein Darlehen in Maienfeld aufgenommen.58 49) Sanitätsgesetz vom 8. Oktober 1874. 50) LVolksblatt vom 22. März 1895. 51) In den Industriebetrieben gab es schon in den Siebzigerjahren obligatorische Betriebskrankenkassen. 52) Volksblatt, 19. Juni 1885. 53) LVolksblatt, 29. Juli 1887. 53a) Der Begriff «Tobelhocker» stammt aus der Zeit des Hexen- wahns im 17. Jahrundert. Wer andere Personen der Hexerei be- schuldigt und angezeigt hatte, musste nach der Sage nach dem Tod als Geist im Lawenatobel hausen und wurde daher «Tobelhocker» genannt. 54) Alois Ospelt: 100 Jahre Pfarrkirche Vaduz. Vaduz 1973. 55) FamARh, R 10, Handschriftl. Aufzeichnungen. 56) Siehe auch: Liechtensteiner Ärzte. JBL, Bd. 89, S. 24-25, Anm. 21. 57) Siehe auch: a) Joh.Franz Fetz: Geschichte der alten Florinskapelle. S. 246. b) Erwin Poeschel: Kunstdenkmäler. S. 157-162. c) Alois Ospelt: 100 Jahre Pfarrkirche Vaduz. S. 18-20. d) Georg Malin: Zur Baugeschichte der Musikschule. Vaduz, JBL, Bd. 68, S. 223 e. Rud. Rheinberger: Liechtensteiner Ärzte. JBL, Bd. 89, S. 24/25. 58) FamARh, Journal der Brüder Schädler. 165
	        

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