Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1994) (92)

grenzungsschwierigkeiten. Besitz lag meist in der Landschaft verstreut, und einzelne Rechte waren unzusammenhängend an Personen, Einzelgüter oder Institutionen wie die Gotteshäuser gebunden. Rudolfs Anteil umfasste Burg und Stadt Sargans, die Schirmvogtei über das Kloster Pfäfers sowie sämtliche linksrheinischen Güter, Pfänder und Le- hen, welche er und seine Frau Ursula von Vaz ge- erbt hatten. Nebst dem genaueren Umfang und Wert bleiben auch hier die jeweiligen Eigentums- formen unbekannt, wenn innerhalb der grob um- schriebenen Grenzen bloss summarisch auf Pfän- der, Eigen und Lehen verwiesen wird. Heinrich, der Schultheiss von Sargans - ein Dienstmann, der wahrscheinlich dem städtischen Gericht vorsass - sollte 
dagegen mit üb und mit guot Hartmann zu- gehören. Auch hier zeigen sich die Schwierigkeiten einer räumlich-territorialen Abgrenzung deutlich. In keinem Falle darf - entgegen einer schon von Krüger implizit vertretenen Meinung - an geschlos- sene Territorien gedacht werden. Ein wichtiger Punkt der Regelung waren ferner die Abmachungen um die Schulden der beiden Brüder: Verpfändete Güter mussten sie je in ihrem Teil ge- trennt zurücklösen, sofern sie das nötige Bargeld aufbrachten. Ihr Vater Rudolf II. hatte zum Beispiel 1322 die Burg Vaduz verpfändet, als er offensicht- lich (wohl für Kriegstätigkeit) Geld benötigte.14 Bar- geldschulden ohne Pfandsicherung hatte Rudolf zurückzuzahlen bzw. zu übernehmen. Allein muss- te Hartmann hingegen die Gült 
des Herren von Maygelan, also des Herzogs von Mailand, tragen. Dabei handelte es sich vielleicht ebenfalls um eine ererbte Schuld; die Notiz legt ein interessantes Zeugnis ab von Handels- und Verkehrsbeziehungen in den lombardischen Raum südlich der Alpen. Möglicherweise ging es auch um eine bevorschuss- te Solddienstverpflichtung. Unter sich aufteilen sollten die Brüder den Erlös aus Rückzahlungen von Darlehen, die sie selber Drittpersonen gewährt hatten. Zur Erbregelung wurde vermerkt, dass sie sich ge- genseitig beerben sollten, falls keine leiblichen Nachkommen existierten. Wenn folglich nur einer der beiden Brüder kinderlos starb, so war die Tei-lung 
wieder rückgängig zu machen. Diese Regelung entsprach geltenden Gewohnheiten. Die beiden mussten freilich schwören, den anderen 
nicht dur muotwillen zu enterben, was den Verdacht nahe- legt, dass zwischen ihnen einiges Misstrauen vor- handen war. Hartmann scheint sich gegenüber sei- nem Bruder eher in der Defensive befunden zu ha- ben: Er musste nämlich ausdrücklich auf jegliche Ansprüche gegenüber dem Vazer Erbe verzichten, obwohl er noch am 6. Dezember 1338 die vormals vazischen Lehen zusammen mit seinem Bruder Ru- dolf und dessen Ehefrau Ursula von Vaz vom Bi- schof zugesprochen erhalten hatte.15 Zeigen diese Bestimmungen nicht auch, dass das ererbte elter- liche Gut grundsätzlich weiterhin als gemeinsamer Besitz bzw. als Gesamtheit gesehen wurde, bei dem im Zeitpunkt der Teilung - um in einer aktuellen Si- tuation Streitigkeiten zu vermeiden - bloss die Nut- zung bzw. Teile davon je separat zugewiesen wur- de? Das scheint mir deutlich der Fall zu sein. Wie war Streit entstanden? Der Text enthält zumin- dest nebenbei indirekte Hinweise auf konkrete Streitursachen. So sind die interessanten Regelun- gen zu den Schuldverpflichtungen sicher nicht zu- fällig vergleichsweise explizit und detailliert. Hier lag wohl ein wichtiger Konfliktanlass zwischen den beiden Brüdern. Noch deutlicher sind die Mass- nahmen zur Vermeidung künftiger Konflikte: Der nach den übrigen Teilungsbestimmungen noch se- parat bestätigte Verzicht Hartmanns auf Ansprüche am Vazer Erbe seines Bruders weist klar darauf hin, dass die aktuellen Streitigkeiten der Brüder wohl ganz zentral mit diesem Vazer Erbe - Rudolf war ja mit einer der Erbinnen, mit Ursula von Vaz, verheiratet - und mit der Gestaltung der Beziehun- gen zum Bischof von Chur zu tun hatten. Auf den gleichen Zusammenhang verweist zunächst auch die Anwesenheit des Grafen Al- brecht I. von Werdenberg-Heiligenberg: Zum einen war Albrecht in die Auseinandersetzungen zwi- schen Donat von Vaz und dem Bischof von Chur ebenfalls involviert gewesen.16 Zum Hochstift Chur pflegte er spätestens unter Bischof Ulrich nahe Be- ziehungen, vermittelt durch das Erbe der Herren 8
	        

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