Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1994) (92)

der Polizisten. Tatsächlich wurde auch die Stelle ei- nes Polizeimannes vorübergehend nicht besetzt.17 Mit der Polizeiordnung von 1843, die die Polizei- ordnung von 1732 ersetzte, wurde ein weiterer Schritt zur Verbesserung des Polizeiwesens unter- nommen. Die Überwachung der Vorschriften stellte jedoch ein ungelöstes Problem dar. Es zeigte sich, dass die Gemeindepolizisten und die Gemeindevor- steher häufig nicht bereit waren, gegen die «Ge- meindsgenossen» einzuschreiten oder dass sie dazu zu wenig Autorität besassen. Aus diesem Grunde wurde 1844 die Oberleitung des Polizeiwe- sens dem Amtsschreiber unterstellt.18 1848 erzwangen die Untertanen die Entlassung der beiden Polizeimänner in Vaduz, weil sich «diese zu wenig höflich gegen die Bürger betragen hätten.»19 Der eine der beiden Polizeimänner wurde, «nach- dem sich nach einiger Zeit die Aufgeregtheit gelegt hatte»,20 wieder «in Zivilkleidern sowohl im öffent- lichen Dienste als auch im Privatinteresse» des Fürsten verwendet. 1851 oder 1852 wurden dann die beiden Polizeistellen wieder besetzt. Nach dem Abschluss des Zoll- und Steuervertrages von 1852 verlangte Österreich die Verbesserung der «Grenz- und Passpolizei», da bis dahin die Grenzübertritte nicht kontrolliert wurden und die Vagabunden in der Regel erst angehalten wurden, wenn sie sich etwas zuschulden kommen Hessen. Während die eigentliche Zollverwaltung, der Ein- zug der Zölle und indirekten Steuern, durch die österreichischen Finanzwachen an den liechten- steinischen Grenzen besorgt wurde, sollte die Pass- polizei von liechtensteinischen Polizeileuten über- nommen werden. Liechtenstein kam der Aufforderung zur Verbesse- rung der Polizei insofern nach, als es die Stellen der Gemeindsboten von Balzers und Ruggell sowie des Polizeimannes von Nendeln zu drei vollen Poli- zeistellen aufwertete. In Liechtenstein gab es also nun fünf Polizisten. Ein Polizeimann in Vaduz war zugleich Kanzleidiener. Er sollte dem Regierungs- amt ständig im Amtshaus zur Verfügung stehen. Der zweite Polizeimann in Vaduz hatte die Gemein- den Vaduz, Schaan und Triesenberg zu überwa-chen. 
Der Polizeimann von Balzers überwachte die Gemeinden Balzers und Triesen und der Polizei- mann in Nendeln die Gemeinden Eschen, Mauren und Schellenberg. Dem Polizeimann in Ruggell wa- ren die Gemeinden Ruggell und Gamprin zuge- teilt.21 Anlässlich dieser Polizeireform wurden die Polizisten auch neu uniformiert und bewaffnet.22 Um die Polizeiorganisation zu straffen, wurde Alois Hilty, der bereits seit 1829 den Polizeidienst versah und sich durch besondere Diensttreue ausgezeich- net hatte, 1854 zum Vorgesetzten der übrigen Poli- zeimänner erklärt.23 1858 erhielt er zur Unterstrei- chung seiner besonderen Stellung eine Personalzu- lage von 10 Gulden.24 Damit waren die Reformen im Polizeiwesen abge- schlossen. Bei der Auswahl der Polizeimänner wurden folgende Kriterien angewandt: Die Polizi- sten mussten den Militärdienst geleistet haben und einen guten Lebenswandel führen, d.h. ihr sitt- liches Betragen durfte nie Anlass zu Klagen gege- ben haben, sie durften nicht der Trunkenheit ver- fallen sein und sich nicht an politischen Unruhen beteiligt haben. Wichtig war auch das Aussehen und Auftreten der Bewerber: Polizeileute sollten eine kräftige, imponierende Figur haben und ruhig, aber energisch auftreten. Ferner sollten die Polizei- männer ledig sein, lesen und «wenigstens etwas schreiben» können.25 Eine eigentliche Polizeiaus- bildung war unbekannt. Es genügte, wenn die Poli- zisten die Polizeiordnung kannten. Umfang und Organisation der Polizei machen deut- lich, dass diese nur ein sehr bescheidenes Macht- mittel in der Hand des Regierungsamtes darstellte. Die Ausübung der polizeilichen Aufsicht wurde bis 1854 weitgehend den Gemeinden selbst überlas- sen. Die wenigen Polizeimänner hatten noch deut- lich den Charakter von Hilfspersonal, was sich etwa darin ausdrückte, dass sie im Taglohn besol- det wurden. Die beiden Polizisten in Vaduz wurden auch häufig als Kanzleidiener eingesetzt: Sie trie- ben die fürstlichen Renten ein, putzten und heizten die Kanzlei, gingen auf die Post, beaufsichtigten die Gefangenen usw.26 Im Gegensatz zu diesen beiden Polizeistellen erforderten die drei andern Stellen noch 1858 keinen ganztägigen Einsatz.27 102
	        

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