Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1992) (91)

Als 1954 das Landesmuseum in den Räumen der Liechtensteinischen Landesbank in Vaduz eröffnet wurde, waren auch die Hauptfiguren aus dem Nendler Hochaltar, die Madonna mit dem Jesus- kind und die hll. Sebastian und Rochus, begleitet von einem Reigen quirliger Engelputten, ausgestellt (Abb, 8). Der Zustand der Figuren war jedoch derart schlecht, dass durchgreifende Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten am Schweizerischen Lan- desmuseum in Zürich notwendig wurden8 (Abb. 9 und 10). 1950 erscheint das Werk Erwin Poeschels «Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein». Er schreibt darin: «Der Hochaltar der Kapelle von 1686 ist, in seine Teile zerlegt, im Schulhaus maga- ziniert.»9 Dies entspricht dem oben zitierten Proto- koll. Abb. 8: Erste Ausstellung von Plastiken des Bin- Altars im Liechtensteini- schen Landesmuseum, Vaduz, 1954 
Ende der siebziger Jahre schlug Erich Allgäuer, Bauführer der Gemeinde Eschen, dem Landesmu- seum vor, die Altarteile in einem anderen Gebäude zu verwahren, da der Estrich der Nendler Schule keine genügende Sicherheit bezüglich Feuer bie- te.10 Als ich im Jahre 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Liechtensteinische Landesmu- seum kam, stellte ich bald Recherchen nach dem Verbleib dieses Altargehäuses an. Im Winter 1979/80 war der Estrich für die Erstellung eines Clublokals ausgeräumt worden, wobei der Altar- aufbau ohne Rücksprache mit der zuständigen Ge- meindebehörde unsachgemäss behandelt und zer- kleinert wurde. Was vom Altar noch übriggeblieben war, gelangte dann über die Gemeinde Eschen an den Historischen Verein bzw. an das Liechtenstei- nische Landesmusuem. Durch Unverstand und mangelnde Werteinschät- zung ist neben dem ehemaligen Eschner Hochaltar des Erasmus Kern11 hiermit ein weiteres, archiva- lisch bezeugtes Hauptwerk eines Barockmeisters aus unserer unmittelbaren Nachbarschaft nahezu verlorengegangen. Die Reste des zu Brennholz «verarbeiteten» Altarschreins (Abb. 11) wurden vorerst im damaligen Depot des Landesmuseums magaziniert. Der Leidensweg war aber damit noch lange nicht zu Ende. Im Jahre 1985 wurden diese Fragmente Opfer der denkwürdigen Wasserkata- strophe in den Luftschutzräumen des Liechtenstei- nischen Gymnasiums, wo sich die Depoträume des Landesmuseums befanden. 8) Erwin Poeschel hat um 1948 dir; Figuren noch zusammen mit dem Ailarschrein im Estrich des Nendler Schulhauses angetroffen und fotografiert. Seine Aufnahmen zeigen den damaligen Zustand der Figuren. 9) Poeschel. Erwin: Die Kunstdenkmäler dos Fürstentums Liechten- stein. Basel, 1950, S. 235 10) Erich Allgäuer in einer Aktennotiz vom 27. Oktober 198 1, Kopie bei den Akten des Liechtensteinischen Landesmuseums. und in einer Mitteilung vom 8. April 1992 11) Der ehemalige Eschner Hochaltar von Erasmus Kern wurde 1893 verkauft und befindet sich heute in der Pfarrkirche in Groten- rath (Aachen). Vgl. Winands. Petra: Der Grotenrather Altar als Zeugnis barocker Altarbaukunst. Zugleich ein Beitrag zur Wanderung sakraler Kunst- gegenstände. In: JBL 84 (1984). S. 7-80 266
	        

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