Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1992) (91)

DR. MED. WILHELM SCHLEGEL - ARZT UND POLITIKER RUDOLF RHEINBERGER ob die schwebende staatsrechtliche Frage eine Lö- sung erhält, welche den Status quo nicht verändert. Der Tag meiner Abreise hängt von der Antwort des Dr. Schlegld) ab, der ich bis übermorgen entgegen- sehe. Ich habe diese sofort dem Fürsten und dem Grafen mitzuteilen und nach dem Inhalte derselben wird sich ergeben, was weiteres geschehen soll. In Betreff der Bestimmung der Zahlungsraten von dem Darlehen wird erst dann verhandelt werden können, wenn die Annahme des fürstl. Betrages im Landtage gesichert ist, denn darauf möchte es der Fürst doch nicht ankommen lassen, dass sein An- bot - die Bewilligung eines unverzinslichen, raten- weise zurückzahlbaren Darlehens in der respekta- blen Summe von 125 000 fl vor den Landtag ge- bracht und von der Versammlung zurückgewiesen würde. Geschähe dies, dann wären meine Tage in Liechtenstein «jedenfalls», jene der Selbständig- keit des Landes «wahrscheinlich» gezählt. Sie werden es begreifen, dass ich unter den gege- benen Umständen es nicht für opportun hielt, ge- genwärtig mit der Gehaltsregulierungs- und Pen- sionsangelegenheit aufzutreten; ich hätte glänzend fiasco gemacht. Kommen günstige Nachrichten durch Dr. Schlegl aus Vaduz, dann werde ich es je- denfalls ansprechen . . . Soweit der bemerkenswerte Brief Carl von Hau- sens. Es ist daraus ersichtlich, wie unsicher er sich in seiner momentanen Lage fühlte. Wie sicher war ihm noch die volle Unterstützung seines Herrn? Andererseits die Drohung mit dem Verlust der Selbständigkeit des Landes, wenn das Angebot des Fürsten nicht angenommen werde! Welche Überle- gungen oder Gegebenheiten standen hinter diesen Drohungen? In seiner Sitzung vom 9. Januar 1873121 nahm der Landtag das Angebot des Fürsten an und sprach ihm einstimmig seinen Dank für das gewährte Dar- lehen von 125 000 fl aus. Die Spielbankangelegen- heit fand damit ihren Abschluss. Die Rheinverbau- ung wurde - wenn auch langsamer als geplant - weitergeführt. 
DAS NEUE SANITÄTSGESETZ Wie schon erwähnt, lag im Sommer 1874 ein neues Sanitätsgesetz zum zweiten Mal dem Landtag zur Beratung und Beschlussfassung vor. Diesmal konn- te das ganze Gesetz ohne Schwierigkeiten verab- schiedet werden.122 Im ersten Abschnitt dieses Ge- setzes wird festgelegt, dass der Regierung die Lei- tung und Beaufsichtigung des Sanitätswesens und der Gesundheitspolizei zusteht. Dann folgen die Be- stimmungen betreffend den Landesphysikus123 und den Landestierarzt. Der zweite Abschnitt befasst sich mit «den Medizi- nalpersonen überhaupt». Nach § 23 sind nur «di- plomierte Doktoren der Medizin» zur Praxisaus- übung berechtigt. § 24 bestimmt, dass nur Ärzte zugelassen werden, welche «das Diplom über den an einer österreichischen Universität erworbenen Grad eines Doktors der Medizin und Chirurgie» be- sitzen. Diese Bestimmung löst die früher gültige ab, die den an einer deutschen Universität erworbenen Doktorgrad forderte, dies entsprechend der Zuge- hörigkeit Liechtensteins zum Deutschen Bund bis zum Jahr 1866. Der § 25 regelt das Hebammen- Wesen und enthält insbesondere die Vorschriften über die Ausbildung der Hebammen. Damit verfügte Liechtenstein über ein für die da- malige Zeit recht fortschrittliches Sanitätsgesetz. In der gleichen Landtagsperiode wurde auch ein neues Impfgesetz beschlossen. Es hält am bisheri- gen, seit 1812 gültigen Obligatorium der «Schutz- pockenimpfung» fest und regelt die einzelnen Durchführungsmodalitäten. Neu darin ist, dass die obligatorische Impfung nun nicht mehr allein Sa- li 9) Der im österreichischen Militär als Offizier dienende Moriz Menzinger war i. J. 1872 dem militärgeographischen Institut in Wien zugeteilt. Siehe a. Rheinberger, Rudolf: Moriz Menzinger. In: JBL 82, S. 9-152 120) FamARh G 13 121) LLA Landtagsakten, Protokoll v. 9. Jan. 1873 122) LLA Landtagsakten, Protokoll v. 27. Juli 1874 123) Siehe auch oben S. 185/186 191
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.