Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

nicht erreichte, aber nach Ansicht des Rekrutie- rungsrates noch „einiges Wachstum" versprach, wurde für künftige Konskriptionen vorgemerkt.81 Wer sich von den übrigen als dienstfähig erklärte, wurde von der ärztlichen Visitation befreit.82 Dieje- nigen hingegen, die sich infolge körperlicher Gebre- chen als untauglich erklärten, hatten sich einer ärztlichen Untersuchung zu stellen.83 Diese Unter- suchung, zu der nur die Konskriptionsbeamten Zu- tritt hatten, fand abgesondert für jeden einzelnen statt.84 Die nun endgültig erstellte Liste wurde den Anwesenden öffentlich vorgelesen und die Untaug- lichen wurden entlassen.85 Anschliessend kam es zur wohl wichtigsten und für die Betroffenen auch spannendsten Handlung des ganzen Konskriptionsvorganges, zur Auslosung. Da durch diesen Vorgang die eigentliche Entscheidung getroffen wurde, wer dienstpflichtig wurde, war de- ren Ablauf genau und detailliert im Gesetzesent- wurf beschrieben. Zuerst wurde, sozusagen als Mahnung, darauf hingewiesen, dass „das Loosen in der grössten Ordnung und aller der Wichtigkeit des Geschäftes angemessenen Förmlichkeit und Unpar- theylichkeit in einem hiezu geeigneten geräumigen Lokale vorzunehmen" sei.86 Die Durchführung des Losens lief folgendermassen ab:87 Auf einen Tisch wurden zwei Urnen oder zwei mit einem durchsichtigen Deckel versehene Gläser ge- stellt. In eines der Gefässe wurden durch ein Mit- glied des Rekrutierungsrates zusammengerollte Zettel gelegt, welche die Namen der Losenden ent- hielten. In das andere kamen gleich viele Zettel mit unterstrichenen, fortlaufenden Nummern. Namen und Nummern wurden vor dem Einlegen laut vor- gelesen. Sowie fünf Zettel in einer Urne waren, wurde diese „durcheinander gerüttelt".88 Waren alle Namen und Nummern in den Urnen, zog der Militärkommandant einen Zettel aus der die Namen enthaltenden Urne. Der Name, der auf diesem Zet- tel stand, wurde laut verlesen, und der Betroffene, sein Vater oder ein Bevollmächtigter hatten aus der anderen Urne die Losnummer zu ziehen. Jeder Be- troffene durfte die Zahl selbst lesen, gab das Los anschliessend an den Landvogt weiter, welcher die 
Zahl laut ablas.89 Der Aktuar schliesslich übertrug die Nummer in die Konskriptionsliste und las Num- mer und Namen nochmals vor.90 Die gezogenen Lose von der Nummer 1 bis zur Zahl des Kontin- gents, welches jede Gemeinde zu stellen hatte, be- zeichnete nun die „wirklichen Dienstmänner".91 Die übrigen Lose bestimmten in ihrer numerischen Reihenfolge die Reservemänner; der Rest der Num- mern bekam nur im Falle eines Abganges eines Ausgelosten Bedeutung.92 Der zweite Abschnitt des Titels III (§§ 40-45) re- gelte 
die Aushebung. Hierin wurde der Grundsatz der jährlichen Konskription festgesetzt.93 Ferner sah der Entwurf vor, dass bei Zweifel an angegebe- nen Gebrechen oder bei leichten Gebrechen die Be- treffenden dem Militär einzugliedern waren, „um der absichtlichen Verlängerung von Gebrechen oder Krankheiten entgegenzuwirken".94 Vorbestrafte, die das Los traf, waren zwar von der Militärpflicht befreit, hatten aber Ersatzmänner zu stellen, sofern sie das erforderliche Vermögen da- für besassen. Ausserdem waren sie bei öffentlichen Arbeiten einzusetzen, und zwar während sechs Jahren und gegen gleiche Entlohnung und Verpfle- gung wie Soldaten.95 Der dritte Abschnitt des Titels III (§§ 46-55) war der „Zurückstellung und den 
besonderen Vorrech- ten einzelner Klassen der Conscribirten" gewid- met.96 Hier wurden die Gründe angegeben, wer zeitlich oder gänzlich vom Militärdienst befreit war. Neben den schon genannten Gründen wie Nichter- reichen des Normalmasses wurden diejenigen als zeitlich Befreite genannt, welche ,in ein Klerikal- Seminar oder in ein Noviziat eines Klosters eintra- ten.97 Im weiteren wurde grundsätzlich pro Familie ein Sohn unter die zeitlich Befreiten gerechnet, auch wenn nur ein einziger Sohn vorhanden war.98 Dies galt auch, wenn er Schwestern hatte oder Brü- der, die der Konskription noch nicht unterlagen.99 Waren mehrere Söhne in einer Familie, so be- stimmte das Haupt der Familie, welcher Sohn An- spruch auf Befreiung haben sollte.100 Daneben wur- den die bereits früher schon bestimmten Gruppen der zeitlich Befreiten erweitert, bzw. detaillierter bezeichnet. Als solche galten z.B. Gymnasiasten 86
	        

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