Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

PROJEKTE ZUR GRÜNDUNG EINER HOCHSCHULE IM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN / GRAHAM MARTIN wirtschaftlichen Vorteile ein, die aus einem solchen Projekt entstehen könnten, und antworteten im po- sitiven Sinn. Die Regierung konnte in der Folge günstige Angebote der Gemeinden Eschen, Vaduz sowie Triesen und Triesenberg an die Initiatoren übermitteln. Im September 1933 tagte eine Kommission, die Vertreter der Initiatoren und der liechtensteini- schen Behörden zusammenbrachte: Dr. Reinhart von den Velden, Medizinprofessor aus Berlin, den Architekten Kopp (ebenfalls aus Berlin), Rechtsan- walt Dr. Kuntze sowie den liechtensteinischen Steu- erkommissär Ludwig Hasler.12 Nach einer Bege- hung der vorgeschlagenen Standorte wurden deren Vor- und Nachteile aus verschiedenen Blickpunkten (nämlich medizinischen, bautechnischen sowie volkswirtschaftlichen) erörtert, und am Ende stimmte die Kommission einhellig für das gemein- same Angebot der Gemeinden Triesen und Triesen- berg. Es handelte sich um ein schön gelegenes Ge- lände am Berghang zwischen den beiden Dörfern, mit prächtiger Aussicht auf das Rheintal. Kurz vor dieser Kommissionssitzung hatten die drei Gemeinden Triesen, Triesenberg und Balzers ge- meinsam eine Eingabe an die Regierung getätigt, in der sie ihre starke Unterstützung des Projekts be- kundeten, mit Hinweisen auf den Nutzen eines Krankenhauses für das Land, auf die Vorteile für den Arbeitsmarkt angesichts der damals herr- schenden Wirtschaftskrise wie auch - etwas über- raschend - auf die akademischen Kompetenzen der Fürsten von Liechtenstein, wie sie im kaiserlichen Palatinatsdiplom verbrieft sind. Einige Wochen nach der Entscheidung zugunsten des Standorts Triesen-Triesenberg boten diese bei- den Gemeinden der Kommission den erforderli- chen Baugrund als Schenkung an, baten aber zu- gleich um eine begünstigte Behandlung ihrer Bür- ger im Krankenhaus, bei der Einstellung der Ar- beitskräfte wie auch beim Bezug von landwirt- schaftlichen Produkten. Die Gründungskommission erstellte in der Folge eine Reihe von grundlegenden Dokumenten wie Statuten für die Akademie und einen Gesetzesent-wurf 
sowie Gutachten über verschiedene Aspekte des Vorhabens. Diese wurden in Form einer aus- führlichen Denkschrift zusammengefasst.13 In die Präambel dieses Dokuments hat sich leider ein gro- ber Schnitzer in bezug auf die politische Situation Liechtensteins eingeschlichen. Es heisst da näm- lich: «Die zentrale Lage Liechtensteins in Europa, das als souveräner Kanton der Schweiz angehört . . .» (S. I)!14 Das war allerdings ein unglücklicher Lapsus, aber sonst macht das Projekt, wie es hier dargestellt ist, einen seriösen Eindruck. Eine weitere Denkschrift (wie die erste leider unda- tiert) stellt das Vorhaben in viel geraffterer Form dar und kam zum Druck.15 Der Text wird nicht nur in Deutsch, sondern auch in englischer Sprache (und zwar in einer sehr schlechten Übersetzung!) wiedergegeben. Die Statuten der Akademie gehen (auf dreizehn Sei- ten) auf so viele Details ein, dass es schwierig ist, sich vorzustellen, dass es sich um eine lediglich geplante und um keine bestehende Einrichtung handelt!16 Alle vorgesehenen Instanzen werden eingehend behandelt: der Rektor, die Fakultät, das Kuratorium, der Senat. An der Spitze der Hierar- chie steht der Landesfürst als «Rector magnificen- tissimus». Die Fakultät umfasst folgende Diszipli- nen: Allgemeine Naturwissenschaften, Medizin, Physik, Chemie. Der Lehrkörper gliedert sich nach dem herkömmlichen Muster in den deutschsprachi- gen Ländern in ordentliche und ausserordentliche Professoren sowie Privatdozenten. Sogar die feierli- che Amtstracht der Mitglieder der Fakultät wird beschrieben: Barett und Talar aus schwarzem Tuch mit Hals und Ärmelaufschlägen in verschiedenen Farben, je nach Disziplin. Eine gesonderte Promo- 12) LLA RF 134/418/44 13) I.LA RF 134/418/8. 14) Bis zum Erscheinen der zweiten Denkschrift hatte man die Auto- ren offensichtlich noch nicht ins Bild gesetzt. Auf der ersten Seite des Haupttextes heisst es nämlich in bezug auf Liechtenstein: «Die politi- sche Zugehörigkeit zur Schweiz» (LLA RF 134/418/67). 15) LLA RF 134/418/67. 16) LLA RF 134/418/70. 309
	        

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