Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

stein zu marschieren, sollte es nun in Baden einge- setzt werden.38 Die Reichszentralgewalt stellte eine Reichsarmee aus hessischen, nassauischen und württembergischen Truppen unter dem Befehl des Generals v. Peucker für eine Intervention in Baden bereit.39 Gleichzeitig griff auch eine preussische In- terventionsarmee unter dem Oberbefehl des Prin- zen Wilhelm in Baden ein.40 Das hohenzollern- liechtensteinische Bataillon wurde der „königlich Würtembergischen mobilen Colonne" zugeteilt, welche die Aufgabe hatte, „Ruhe und Ordnung und Gesetzlichkeit aufrecht zu halten, wesshalb auch häufig Dislocationen" stattfanden.41 Vorerst lag noch keine Absicht vor, diese „mobile Colonne" in Baden einmarschieren zu lassen. Sie hatte den Auf- trag, „Freyschärler aus Baden (Franzosen, Polen, Schweitzer, kurz Gesindel) wenn sie ins Königreich Württemberg einfallen sollten, über die Gränze zu weisen".42 Die Abänderung des Einsatzzieles und -Zweckes des liechtensteinischen Kontingents verursachte in Wien und Vaduz, und zwar dort sowohl beim Land- rat als auch beim Regierungsamt, Besorgnis und Missstimmung.43 Trotz der mehrfachen Bemühun- gen von Seiten Liechtensteins wurde sein Militär als Teil der Reichstruppe zur Niederschlagung des drit- ten badischen Aufstandes eingesetzt.44 Fürst Alois II. betonte zwar, er wünsche und hoffe, dass die Söhne des Landes „als brave pflichtergebe- ne Soldaten ihrem Vaterlande und dem Namen Liechtenstein Ehre" machen würden.43 Gleichzeitig aber ermächtigte er den Bataillonskommandanten, wenn die Vereinigung mit anderen Truppenkör- pern es unmöglich erscheinen liesse, das Kontin- gent „auf der Bahn der Pflicht zu halten", diesem dann „den Rückmarsch nach Vaduz im schlimm- sten Falle anzubefehlen".45 Fürst Alois IL befürch- tete wohl, das Kontingent könnte in den Strudel der Auseinandersetzungen zwischen den revolutionä- ren und restaurativen Kräften hineingezogen wer- den. Das liechtensteinische Kontingent war inzwischen in Sigmaringen angekommen und hatte sich den dortigen Truppen angeschlossen. Am 18. Mai 1849 erfolgte der Abmarsch von Sigmaringen. Die Stim-mung 
im hohenzollern-liechtensteinischen Batail- lon war bedenklich. Ein grosser Teil der Mann- schaft war tags zuvor ohne Erlaubnis nach Hause gegangen und erst gegen 2 Uhr früh wieder in der Kaserne angelangt. Die meisten der Leute waren „somit übernächtigt und besoffen, die Unordnung somit im besten Gange, und es hätte nicht viel mehr dazu gehört, unabsehbare Exzesse herbeizufüh- ren".46 So beurteilte Niedermayr die Situation. Die liechtensteinischen Offiziere Menzinger und Rhein- berger scheinen die Ereignisse nicht so alarmie- rend erlebt zu haben. In ihren Berichten fehlt jegli- che Aussage dieser Art. Für Rheinberger war der 18. Mai sogar der „lang ersehnte Tag".47 Er stellte lediglich ein „Rennen und Laufen und buntes Ge- wühl" in der Kaserne fest.48 Es ist anzunehmen, dass die Liechtensteiner das disziplinwidrige Ver- halten nicht mitmachten, sei es aus Überzeugung, sei es aus Angst vor den Folgen. Laut Niedermayr stand das Kommando des Bataillons am 20. Mai 1849, also am dritten Tag des Ausmarsches, „auf Spitz und Knopf'.49 Er bezweifelte damals sogar, ob irgendeinem Befehl noch Folge geleistet werde, „da alle Bande der Ordnung und Disciplin gelockert" gewesen seien.30 Die Gründe für diesen Zustand der Truppe sind in den von Baden her kommenden Einflüssen zu suchen, welche vor allem in der Auf- stachelung durch Sympathisanten der badischen Revolution, von der Obrigkeit als „Wühler" bezeich- net, bestanden. Auch Rheinberger stellte am 20. Mai fest, der Geist der hohenzollerschen Soldaten sei schwankend, weil sie „von ihren Leuten aufge- hetzt" würden.51 Die unterschwellig brodelnde Stimmung übertrug sich aber mit der Zeit auch auf das liechtensteini- sche Kontingent. Dies wurde verstärkt durch die Ungewissheit der weiteren Bestimmung, da die Truppe erst am 21. Mai über den neuen Marschbe- fehl, den Einsatz in Baden betreffend, informiert wurde.52 Auch Langeweile, ein altes Problem von Truppen, die ohne genaue Informationen auf ihren Einsatz warten, tauchte auf.53 Besonders aber wur- den die Soldaten durch die am 25. Mai gemachte Feststellung aufgeschreckt, dass die umgeänderten Dornstutzen nicht funktionierten.54 Sie reagierten 236
	        

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