Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

„Ernst [sei] mit der Sache", weshalb er auch die Vorschläge des Bataillonskommandanten zur Reor- ganisation des Kontingents guthiess.69 Der inspizierende „Obrist von Hayn"70 traf am 20. Dezember 1848, begleitet von seinem Adjutanten, Hauptmann Schmid, in Vaduz ein und „zog über die Verhältnisse und den Stand des Contingents en de- taille Erkundigungen ein", wie Menzinger dem Für- sten meldete.71 Die erste Bestandesaufnahme v. Hayns brachte dem liechtensteinischen Kontingent keine grossen Lorbeeren. Er kritisierte vor allem, dass er das Kontingent ohne Offiziere und Unteroffiziere ange- troffen habe und zudem die gesamte Mannschaft seit längerer Zeit beurlaubt sei.72 Er forderte das Regierungsamt auf, die verlangte Aufstellung des zweiten Prozentes bis zum März 1849 zu bewerk- stelligen, was hiess, eine schlagfertige, also ausge- bildete und ausgerüstete Mannschaft vorweisen zu können.73 v. Hayn machte gleichzeitig einen Vor- schlag, wie das reorganisierte Kontingent als Scharfschützenkompagnie zusammengesetzt sein sollte. Er ging von 7000 Einwohnern des Landes aus, was eine Reduktion der vorher geforderten Zahl der Mannschaft von 146 auf 140 Soldaten be- deutete.74 Allerdings waren nach seinen Vorstellun- gen für diese Kompagnie vier Offiziere und, ein- schliesslich der Hornisten, 24 Unteroffiziere erfor- derlich.75 Zusätzlich verlangte er als „nichtstreitba- re" Teile der Kompagnie einen Chirurgen, einen Krankenführer und zwei Zimmerleute.76 Menzinger gab am nächsten Tag dem noch in Va- duz weilenden Oberst v. Hayn Antwort.77 Der Lan- desverweser wies vorerst daraufhin, dass der Fürst immer den „regsten Willen" gehabt habe, seine „Pflichten als deutscher Fürst gegen Deutschland zu erfüllen, und dieses auch fürderhin nach Kräften thun" wolle.78 „Der gegenwärtige sozusagen aufge- löste Bestand des Contingents" wurde von Menzin- ger allerdings nicht als eigenes Verfehlen gesehen, sondern als eine Folge der „bedauerlichen Vorfälle" in Sigmaringen und Hechingen dargestellt.79 Nicht zu Unrecht wies damit der Landesverweser darauf hin, dass die Unruhen in Süd- und Mitteldeutsch-land 
und eben auch in den hohenzollerschen Staa- ten zeitlich vor den revolutionären Ereignissen in Liechtenstein stattgefunden hatten und diese somit von aussen animiert worden waren. Ebenso waren im Frühjahr 1848 die Kontingente in Sigmaringen und Hechingen wegen innerer Unruhen und leerer Kassen weder aufgestellt worden noch ausmarsch- fähig gewesen.80 Liechtenstein wurde von Menzin- ger mit diesen Hinweisen zurecht als ein Kleinstaat dargestellt, dessen innenpolitische Entwicklung im- mer von aussenpolitischen Umständen massgeblich beeinflusst wurde. Das Regierungsamt versprach aber, sich zu bemü- hen, dem Anspruch des Reichskriegsministeriums zu entsprechen und die erhöhte Zahl der Truppen „friedlichst auszuheben" und auch auszubilden.81 Menzinger musste jedoch darauf hinweisen, dass die Mannschaft nicht schon bis zum März 1849 schlagfertig aufgestellt sein könne. Er betrachtete dies als eine „unthunliche Sache", weil die Bewaff- nung und weitere Ausrüstung für die erhöhte Trup- penzahl bis dahin nicht herbeigeschafft werden könne.82 Menzinger schilderte getreu dem vom Fürsten erhaltenen Auftrag dem Obersten v. Hayn die missliche Lage des Landes, welches die Mittel für den Unterhalt des fast verdoppelten Kontin- gents, „ohne sein vollständiges Verderben herbei- zuführen", nicht aufbringen könne.83 Während der Bearbeitung der Antwort an v. Hayn erschien am 23. Dezember 1848 eine Deputation der Gemeinden vor Menzinger und verlangte, „beim Herrn Obristen selbst Vorstellung einzule- gen" gegen die verlangte Stellung von 140 Mann.84 Diese Deputation forderte, dass erstens das Kontin- gent in seinem früheren zahlenmässigen Bestände belassen werde, zweitens seine Selbständigkeit er- halten bleibe und es drittens im Lande verbleiben könne und nur in Ausnahmefällen ausser Land Dienst leisten müsse.85 Diese Forderungen zeigen einerseits, dass die gänzliche Verweigerungshal- tung der Bevölkerung gegenüber dem Militärdienst nicht mehr gegeben war, andererseits kommt der doch noch vorhandene Widerspruchsgeist zum Ausdruck, der sich auch in dem Verlangen zeigt, die Anliegen dem Obersten selbst vorzutragen. Die De- 224
	        

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