Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

Lage wie 1849 und 1859 zu kommen, im Drange der Zeit nehmen zu müssen, was eben erhältlich ist, ob es passe oder nicht".159 Die Einführung einer komplett gleichen Bewaff- nung war auch ein dringendes „Desiderat" des Kommandanten, der vor allem für ein passendes Modell mit kleinem Kaliber eintrat.160 Rheinberger handelte tatkräftig und gab im Mai 1860 in der „Allgemeinen Zeitung" in Augsburg und im „Schwäbischen Merkur" in Stuttgart Anzeigen auf.161 Darin wurden 82 - man beachte den Quali- tätswandel der Ware - „ganz brauchbare Jägerstut- zen mit Haubajonett" und 30 Stück „ganz neue Dornstutzen nach dem k. bair. Modell konstruirt" angeboten.162 Die Verkaufserfolge waren aber ge- ring. Im November 1860 teilte das Regierungsamt mit, dass die bayerischen Dornstutzen „nicht an den Mann gebracht werden" konnten.163 Für die alten österreichischen Stutzen hoffte man im Lande „die beste Ahnahme zu finden".164 Der Kommandant musste aber noch zweimal drän- gen und auf „den dringenden Gegenstand" auf- merksam machen,165 bis Fürst Johann II. im Juli 1860 eine Gesamterneuerung der Bewaffnung ge- nehmigte. Fürst Johann II. begründete seinen Ent- scheid mit der Tatsache, dass die noch verwende- ten Waffen „für den Kriegsdienst der Neuzeit den Anforderungen nicht mehr" entsprachen und dass sich „die Nothwendigkeit darstellte], dass die ganze Garnitur der Schusswaffen eine dem System und Kaliber nach ganz gleichartige sei".166 Rheinberger nutzte die Gunst der Stunde. Er begab sich nach Suhl [Thüringer Wald] zum Waffenliefe- ranten Christian Schilling, mit dem er vorbehaltlich der Genehmigung durch den Fürsten einen Vertrag abschloss.167 Der Vertrag lautete auf Lieferung von 90 Stück Büchsen kleinen Kalibers mit Yatagan [Ba- jonett-/Säbeltyp], Ladestock und Geschosszieher.168 Der Preis pro Stück belief sich auf 25 Thaler preus- sischer Curant, das entsprach 43 fl. 45 kr. R. W.169 Fürst Johann II. bestätigte am 26. Januar 1861 den von Rheinberger ausgehandelten Vertrag, nachdem er ein Muster des bestellten Gewehres zur Ansicht erhalten hatte.170 
Das Regierungsamt hatte die neue Waffe ebenfalls gründlich untersucht und geprobt. Sie wurde als sehr genau gearbeitete, einfach gehaltene Waffe be- schrieben, die „samt Yatagan 9V4 Pfund Wiener Gewicht, daher ein gutes halbes Pfund weniger als die Miniebüchsen" wog.171 Die neue Waffe hatte einen brau en Lauf, die Garnitur war ganz aus Ei- sen und wie das Schloss aschfarben. Der Ladestock war ganz aus Eisen, mit Messing versehen. Die Waffe, die mit einem Stecher versehen war, liess sich gut handhaben und eignete sich daher „gut zum Bajonettfechten".172 Die Kernschussweite wur- de mit 200 Schritt angegeben, und auf auch 270 Schritt, der grössten Länge der verfügbaren Schuss- stätte, wurde keine Abweichung bemerkt.173 Die Durchschlagkraft der Spitzkugel wurde ebenfalls erprobt. Das Resultat wurde als gut befunden, durchschlug die Kugel auf eine Distanz von 30 Schritten doch vier in engen Zwischenräumen hin- tereinander aufgestellte Bretter aus Weichholz mit einem Durchmesser von insgesamt vier Zoll [ca. 6,6 cm]. Die grösste Tragweite der Waffe wurde mit 1400 Schritt angegeben, „allein gegenwärtig, wo noch alles auf den Feldern steht, Hessen sich der Unsicherheit wegen Versuche auf diese Distanz noch nicht anstellen".174 Für die Herstellung der neuen Geschosse musste eine Geschosspresse angefertigt werden. Der Me- chaniker Buschbaum in Darmstadt wurde von Rheinberger ersucht, eine Zeichnung und Beschrei- bung einer „so einfach wie möglich konstruierten Geschoss-Press-Maschine anher gelangen zu las- sen".175 Buschbaum lieferte Beschreibung und Zeichnung, die aber nach Rheinbergers Aussage nicht bestellt werden konnte, da sie zu kompliziert sei.176 Rheinberger übermittelte Buschbaum eine eigenhändig entworfene Zeichnung mit der Anfra- ge, ob diese in vier Wochen geliefert werden kön- ne.177 Im Februar 1861 aber schickte der Kontin- gentskommandant die Zeichnung Buschbaums an den Mechanikus Johann Mannhardt in München mit der Anfrage, ob dieser seinen „Wünschen ent- sprechen" könne.178 Mannhardt fertigte die bestell- te Presse für einen Betrag von 180 Gulden an.179 Rheinberger berichtete Landesverweser v. Hausen 160
	        

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