Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (90)

am 12. April 1849 einen Ankauf von Dornstutzen bewilligt hatte, konnten die neuen Gewehre trotz dieser Weigerung der Volksvertretung angeschafft werden.126 28 Exemplare der neuen Waffen wur- den gleich an die Mannschaft verteilt, die sich von der Trefflichkeit der neuen Gewehre überzeugen konnte. Die Scharfschützen waren „für selbe einge- nommen und dadurch vom besten Geiste be- seelt".127 Die restlichen 22 Büchsen wurden erst nach dem Einsatz in Baden geliefert. Sie trafen am 26. November 1849 in Vaduz ein.128 Die gesamte Anschaffung kostete 1905 fl. 30 kr.129 Es kann als tragik-komische Episode auch erwähnt werden, dass die neuen Gewehre eigentlich für die badische Armee bestimmt gewesen waren, bei der eingetretenen Revolution jedoch im Arsenal in Lud- wigsburg deponiert worden waren.130 Man könnte also sagen, dass das liechtensteinische Kontingent die Aufständischen in Baden mit ihren eigenen Waffen bekämpft hat. Diese ganze Angelegenheit mit den unbrauchbaren Dornstutzen liess das Regierungsamt nicht auf sich beruhen. Es war indirekt selbst davon betroffen und wollte sich von jedem Vorwurf eines schuldhaf- ten Betragens in diesem Zusammenhange freispre- chen. Die Stimmung unter den Soldaten und in der Bevölkerung war durch dieses Ereignis negativ be- einflusst worden und es ist zu beachten, dass das Revolutionsjahr 1848 noch nicht verdaut war. So bedauerte das Regierungsamt, „dass der Schützen- zug dem Feinde sozusagen ohne brauchbar Waffe gegenüber zu stehen" kam und es hatte Verständ- nis für den „begründeten Unwillen" der Betroffe- nen.131 Das Regierungsamt schob die ganze Schuld dem Büchsenmacher Müller zu mit der Begrün- dung, dass die von ihm abgeänderten Gewehre ur- sprünglich „treffliche Waffen genannt werden durf- ten, bis Büchsenmacher Müller ... sie zur letzten Umänderung in die Hände bekommen hat, und sie in den dermaligen Zustand versetzt hat".132 Um eine Bestätigung dieser Behauptung zu bekommen schlug Menzinger vor, von der Gewehrfabrik in Oberdorf ein Gutachten einzuholen, „ob die letzte Umarbeitung ... den fast unbrauchbaren Zustand 
herbeigeführt habe, da man dem benannten Büch- senmacher die Bezahlung für seine Pfuscherei vor- enthalten" habe.133 Büchsenmacher Müller hatte sich nämlich gegen den Vorwurf der unqualifizier- ten Arbeit mit dem Argument zur Wehr gesetzt, die Stutzen seien für runde, nicht aber für Spitzkugeln eingerichtet.134 Die in der württembergischen Ge- wehrfabrik durchgeführte Untersuchung von zwei beanstandeten Büchsen revidierte allerdings die vom Regierungsamt ausgesprochene Beurteilung der Schuldfrage. Im Gutachten hiess es, dass nicht so sehr die Umänderung, sondern die Behandlung der Gewehre überhaupt Ursache für ihren schlech- ten Zustand sei.135 Die Untersuchung zeigte, dass die Schwanzschraube unnötig oft herausgenom- men worden sei und „hiebei der Lauf ohne Spann- futter in den Schraubstock eingespannt worden [sei], wodurch die Seele noth gelitten [habe]".136 Die zwei untersuchten Exemplare wurden wieder in ei- nen brauchbaren Zustand gebracht und die Rech- nung dafür nach der „königl. Würtemberg. Arsenal- büchsenmachertaxe"137 ausgestellt. Die reparierten Stutzen wurden in Vaduz erprobt und es wurden damit „ziemlich befriedigende Resultate" erzielt.138 Beklagt wurde lediglich der sehr starke Rückstoss der Dornstutzen. Eine Entfernung der Dornen be- wirkte, dass kein störender Rückstoss mehr festge- stellt wurde und auf 250-300 Schritte durchschnitt- lich Kernschüsse erzielt wurden.139 Aufgrund dieses ermutigenden Ergebnisses wurden alle Stutzen nach Vaduz zurückgeschickt. Gleichzei- tig eröffnete das Bataillonskommando nach Über- prüfung der von Joseph Müller gestellten Rech- nung, dass die Tarifansätze für die Reparatur nicht zu hoch gefunden würden und ein Abzug wegen „Verschuldens an der Unbrauchbarkeit der Stutzen ... nicht wohl zulässig sein dürfte".140 Damit war Büchsenmacher Müller rehabilitiert. Menzinger und Falkenhausen gaben als Entschuldigung dafür, dass sie selbst die Funktionstüchtigkeit nicht gleich nach Beendigung der Arbeit untersucht hatten, an: „Da diese Stutzen in der Nacht vor dem Abmarsch grösstenteils erst abgeliefert worden sind, so konn- te ein Untersuch der Richtigkeit und Güte der Arbeit nicht mehr vorgenommen werden."141 Somit blieb 156
	        

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