Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1991) (89)

LIECHTENSTEINER ÄRZTE DES 19. JAHRHUNDERTS RUDOLF RHEINBERGER Die Durchführung der neuen Verfassung wurde unverzüglich eingeleitet, denn wichtigste Proble- me348 waren durch Landtag und Regierung zu lösen. Vom 3. bis 17. November fanden in den einzelnen Gemeinden die Wahlen der Wahlmänner statt. Diese traten dann am 24. November 1862 zusam- men, um die zwölf vom Volk zu entsendenden Abgeordenten für den Landtag zu wählen. Wie nicht anders zu erwarten, erhielten Karl Schädler und die übrigen Protagonisten der Verfassung die höchsten Stimmenzahlen.349 Am 10. Dezember 1862 hielt der neue Landtag eine vorbereitende Sitzung ab, die nur der Wahl des Präsidiums galt. Als Präsident wurde Dr. Karl Schädler, als Vizepräsident Christoph Wanger von Schaan gewählt. Am 29. Dezember 1862 wurde der Landtag in einer feierlichen Sitzung im Namen des Fürsten durch Landesverweser v. Hausen eröffnet. Im Mittelpunkt dieser Eröffnungssitzung stand eine «begeisterte patriotische Ansprache»350 des Landtagspräsiden- ten Dr. Karl Schädler. Es folgt der volle Wortlaut dieser Rede.351 Meine Herren! Vermöge einer Heiserkeit, die mich gestern befallen hat, bin ich genöthiget mich kurz zu fassen, sie gestattet mir nicht, mich mit einer längeren An- sprache an diese hochachtbare Versammlung zu wenden, wie ich sie vorhatte, noch weniger, wie sie würdig wäre dieser hochwichtigen Veranlassung. Zuvörderst bitte ich die verehrlichen Mitglieder, den Ausdruck meines lebhaften Dankes für das Zutrauen, mit dem Sie meine Person bei Ihrer letzten Wahl beehrten, gefälligst entgegenzuneh- men, und mich mit Ihrer Einsicht in die Funktionen des Präsidiums bestens zu unterstützen. Meine Herren! S. Durchlaucht unser Souverän schon früh in seinen Jahren berufen, die Geschicke dieses Landes zu leiten, und fest en tschlossen, die Wolfart desselben auf sicherer Grundlage aufzu- bauen, hat klar in Seiner Einsicht, was dazu noth thut, uns eine Verfassung gewährt, in welcher das segenvolle Prinzip der gesetzlichen Freiheit zur 
verwaltenden Geltung kommt. Stark in Seinem Entschlüsse legte Er die dazu nothwendigen Opfer an persönlichen Interessen und Rechten hochherzig und bereitwillig auf den Altar des Gemeinwohles nieder. Klar und stark wie Seine Einsicht und Entschluss waren, wird auch sein Wille sein, dass die hohen Intentionen, welche Er in den Schoss der Verfas- sung niederlegte, im Leben des Staates zur vollen Geltung kommen, dass die Verfassung eine Wahr- heit werde. Meine Herren! Wir dürfen sicher sein, dass die hochachtbaren Männer, welche durch das Vertrau- en Snr. Durchlaucht unsere Regierung bilden, so- wohl entsprechend den hohen Absichten ihres Souveräns als den edlen Impulsen ihrer Überzeu- gung folgend, ihre Einsicht und Energie zur Förde- rung der Entwicklung der Verfassung verwenden werden. So tretten wir meine Herren! an unsere Aufgaben, an das Werk des lebendigen Aufbaues unserer Staatsgemeinde auf der Grundlage der gesetzli- chen Freiheit, zum voraus geweiht durch das hochherzige Opfer unseres Fürsten, gewiss des 337) Praxisjournal II, Genieindearchiv Vaduz, Fol 484 und 496. 338) P. Diepgen, Geschichte der Medizin, Berlin 1965. 339) Frdl. Mitteilung von Dr. Christoph Meinel, TU, Berlin. 340) I.e. 341) Albert Schädler, Chronik. 342) JbL 7, S. 106. 343) Die Sammlung ist heute unter der Bezeichnung «Schädler- Akten» ein wichtiger Bestandteil des Liechtensteinischen Landesar- chivs. 344) Siehe auch oben, S. 52. 345) Gemeindearchiv Vaduz und FamARh. 346) Das «Stosseisen» wurde am Schuh befestigt, der Stickel im Stosseisen eingeklemmt, und so mit dem Fuss in die Erde gestossen. 347) L. Grass an K. Schädler, LLA Schädler-Akten 311. 348) Gemeindegesetz, Zehentablösung, Zollvertrag etc. 349) Paul Vogt, 125 Jahre Landtag, S. 188. 350) Schädler, Landtag, JbL 1, S. 90. 351) Landtagsakten 1862, LLA. 71
	        

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